piwik no script img

Wahnsinniger Alltag

Alle Einrichtungen müssen mehr arbeiten und haben mit der BAGS genaue Leistungsvereinbarungen, und wenn sie wie die Gesundheitsräume im DrobInn und Fixstern voll ausgelastet sind, wird ihnen vorgeworfen, dass sie zuviel leisten und dass es offensichtlich besser wäre, wenn sie leer stünden und nichts leisteten. Die Polizei hat die Drogenszene vom Hauptbahnhof einigermaßen vertrieben – in die Wohngebiete und u. a. direkt vor das Drob Inn.

Polizei und politische Repräsentanten sind eigentlich froh, dass die Szene nun da ist, und dann sind sie anscheinend doch nicht froh darüber, denn das Drob Inn soll nun die Szene wieder vertreiben. Oder alle ins Drob Inn lassen, damit man sie nicht sieht, oder doch nicht reinlassen, damit die Auslastung nicht zu hoch wird, und weil es besser ist, wenn Einrichtungen leer sind.

Und überhaupt sollen Drogeneinrichtungen „ausstiegsorientiert“ arbeiten und nicht „akzeptierend“, obwohl alle, die „ausstiegsorientiert“ arbeiten tatsächlich „akzeptierend“ arbeiten, weil nämlich sonst keiner käme, dem man zum Ausstieg verhelfen könnte, und diejenigen, die „akzeptierend“ arbeiten auch folglich sehr „ausstiegsorientiert“ sind. Dezentral und ausstiegsorientiert ist besonders richtig.

Nur warum soll dem dezentralen ausstiegsorientiertenambulanten Entzugsprojekt VIVA Rahlstedt jetzt der Hals zugedreht werden, obwohl das Projekt ausgelastet und erfolgreich arbeitet und keine halbe Million jährlich kostet, whrend die Mauern im U-Bahn-Tunnel am Hauptbahnhof genauso viel kosteten und vielen den Ausstieg verbauten? Den Drogenhilfeeinrichtungen, die Tausende beraten und betreuen, will man im Haushalt 2000 kräftig ans Leder gehen, damit die ausstiegsorientierte Arbeit besser wird, während das geplante Heroinvergabeprogramm für ganze 300 Personen zehn Millionen kos-ten soll, obwohl da offensichtlich nicht so viel ausgestiegen wird? Wo ist der Ausstieg aus diesem Wahnsinn? Klaus Berking

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen