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Wahlwerbung in BerlinDie CDU schießt ein Eigentor

Das größte Wahlplakat der Union muss weg. Das ordnet ausgerechnet CDU-Baustadtrat Gröhler an. Damit landet die Bundespartei mitten im Berliner Sumpf.

Darauf fährt niemand mehr ab: das unerlaubte Wahlplakat der CDU. Bild: dpa

BERLIN taz | Erst am Dienstag war es angebracht worden: Deutschlands größtes Wahlplakat. Auf 1.660 Quadratmetern werben 1.800 CDU-Wähler an einem Baugerüst neben dem Charlottenburger Tor mit dem Wahlkampfslogan von Angela Merkel "Wir haben die Kraft". Was die Bundeskanzlerin und ihre Wahlhelfer übersehen haben: Parteienwerbung hat an dieser Stelle nichts zu suchen. Darauf wies Klaus-Dieter Gröhler, Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, hin. Nun liegt es an dem CDU-Politiker, dafür zu sorgen, dass das Riesenposter schnellstmöglichst abgehängt wird.

Der taz sagte Gröhler, die SPD-Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen habe ihn auf das Plakat aufmerksam gemacht und gefragt, ob das in Ordnung sei. "Ich habe geantwortet: Nein, das ist nicht in Ordnung." Grund sei der Vertrag, den der Bezirk mit der Stiftung Denkmalschutz Berlin über die Vermarktung der Gerüste während der Sanierung zweier Kandelaber am Charlottenburger Tor geschlossen hat. "In diesem Vertrag ist festgelegt, dass es keine politische und religiöse Werbung geben darf."

Nicht nur bei Gröhler liefen am Mittwoch die Telefone heiß, sondern auch bei CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Der spielte die Unschuld vom Bunde und ließ mitteilen: "Das Plakat hängt rechtmäßig." Dabei könnte es Pofalla besser wissen. Zuvor hatte er nämlich mit Parteifreund Gröhler telefoniert und sich über die Klausel unterrichten lassen.

Stiftung Denkmakschutz

Die Stiftung Denkmalschutz Berlin ist eine gemeinnützige Stiftung, die Denkmale saniert. Finanziert wird das Ganze über großflächige Werbung.

Die Grünen fordern, dass die Vergabe der Sanierung künftig ausgeschrieben wird. Vor allem Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf haben zahlreiche Aufträge an die Stiftung "freihändig" vergeben.

Die Stiftung Denkmalschutz Berlin hat nichts mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu tun. Darauf weist die in Bonn sitzende Stiftung hin, die mit Spenden und Lottomitteln unter anderem Denkmale in Welterbestätten restauriert.

Die Werbeflächen am Charlottenburger Tor waren auch schon vor dem CDU-Plakat umstitten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Kooperationsvertrags mit der Stiftung gegen Baustadtrat Gröhler. Der Vorwurf: Verdacht der Untreue. Bereits im Juli hatte die Staatsanwaltschaft die Räume der Stiftung und des Bezirksamts durchsucht.

Zuvor hatte bereits der Rechnungshof moniert, dass der Bezirk die Vergabe der Werbeflächen hätte ausschreiben müssen. Durch den Verzicht auf Gebühren für die Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes seien dem Land bis zu 2,2 Millionen Euro entgangen.

Für die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling, "stinkt die Sache zum Himmel". Mit Denkmalschutz, sagt sie, habe die Sanierung der Kandelaber nichts zu tun. "Da wird eine Kopie hergestellt, und damit sich das richtig lohnt, wird ein riesiges Gerüst als Werbefläche drumherum gebaut."

Hämmerling selbst hatte mit einer Anzeige die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor, sagte am Mittwoch der Sprecher der Justizverwaltung, Martin Steltner.

Wann das CDU-Megaposter verschwindet, konnte Stadtrat Gröhler am Mittwoch nicht sagen. "Wir suchen jetzt alle gemeinsam eine Lösung." Ausdrücklich verwies Gröhler auch auf mögliche Regressforderungen: "Das Ganze ist auch finanziell ziemlich anspruchsvoll", sagte er.

Das bestätigt Volker Härtig, Geschäftsführer der Stiftung Denkmalschutz, der taz. Seinen Angaben nach hat die Firma Megaposter "das Ganze verbaselt". Nun drohten der Firma, die die Werbeflächen im Auftrag der Stiftung vermarket, Regressforderungen der CDU in sechsstelliger Höhe.

"Wir versuchen alles, dass es dazu nicht kommt", sagte Härtig. Er verwies darauf, dass Verstöße gegen das Parteienwerbeverbot "binnen vier Wochen behoben werden müssen". Dann aber ist die Bundestagswahl vorbei.

Die Stiftung, die auch schon das Brandenburger und das Charlottenburger Tor saniert hat, hatte dem Bezirk 2007 angeboten, Kopien der 22 Meter hohen Kandelaber aus den Jahren 1905 und 1908 nachzubauen. Um das zu ermöglichen, hatte der Bezirk der Stiftung das Recht zugebilligt, 36 Monate am Baugerüst zu werben.

BERICHTIGUNG

In unserem Text "Die CDU schießt ein Eigentor" über die Großflächenwerbung am Charlottenburger Tor (taz vom 3.9.09) haben wir geschrieben, dass die Staatsanwaltschaft im Juli 2009 die Räume der Stiftung Denkmalschutz und des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf wegen des Vorwurfs Verdacht der Untreue durchsucht hat. Dabei konnte der Eindruck entstehen, dass auch gegen die Stiftung ermittelt wird. Das ist falsch. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde am 7. Juli ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss auch auf die Örtlichkeiten der Stiftung vollstreckt. Ermittelt wird aber nur gegen den Bezirksbaustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Der hatte der Stiftung erlaubt, das Charlottenburger Tor für großflächige Werbung am Baugerüst zu nutzen, weil sie dort im Gegenzug zwei im Krieg zerstörte Kandelaber wieder herstellt. Wir hatten geschrieben, dass bei solchen Vereinbarungen "nicht selten" die Werbeeinnahmen die Sanierungskosten übersteigen würden. Nach Angaben der Stiftung war dies nur beim Charlottenburger Tor der Fall. die Redaktion

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3 Kommentare

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  • KP
    Keine Panik

    Natürlich redet jeder darüber aber wem nützt das? Werbung im eigentlichen Sinne ist es sowieso nicht: Die CDU kennt eh jeder, und der dümmliche "Wir haben die Kraft" Slogan überzeugt sowieso keinen Unentschlossenen/Nichtwähler/Konkurrenzwähler. Nebenbei: www.wirhabendiekraft.de bzw www.wir-haben-die-kraft.de

  • P
    Pirat

    Alle Macht dem Volke! Lasst uns diesen Sumpf und damit die "Schwarze Kasse" doch selbst trocken legen/entern. Allein, nachts, oder bei Tag, gemeinsam mit vielen und der Presse im Rücken.

  • KB
    Klaus Birnbaum

    Wieso meint Ihr, dass die CDU ein Eigentor geschossen hat? Im Gegenteil, ein voller Erfolg - jeder redet drüber, überall wird es veröffentlicht!