: Wahlsiegerin steht unter Hausarrest
■ Die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi ist die neue Hoffnung der Birmaner
Diese Frau lehrt Birmas Militärjunta das Fürchten: Aung San Suu Kyi, die Gewinnerin der ersten halbwegs freien Parlamentswahlen in Birma. Sie ist die Spitzenkandidatin der oppositionellen „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD), deren Erfolg bei den Wahlen vom Sonntag die Militärregierung mittlerweile eingeräumt hat. Dieser Sieg ist vor allem ein Sieg für Suu Kyi, obwohl sie seit dem 20.Juli 1989 unter Hausarrest steht. Die 44jährige Politikerin war für Millionen von Birmanen zur Hoffnung auf eine demokratischere Zukunft geworden. Wie viele erfolgreiche Frauen in Asien ist auch Suu Kyi die Tochter eines berühmten Mannes. Ihr Vater Aung San war ein Freiheitskämpfer, der kurz vor der Unabhängigkeit Birmas im Juli 1947 ermordet wurde.
„Ich kann euch nicht aus eurer Misere befreien. Ich kann euch nur helfen, euch selbst zu befreien.“ Diese Botschaft verkündete sie seit September 1988 in den Dörfern und Städten des Landes. Trotz der von den Militärs verhängten Ausgangssperre jubelten ihr die Menschen zu und bewarfen sie mit Blumen. Suu Kyi hatte mehr als 20 Jahre im Ausland gelebt. Zunächst in Indien, später in England, wo sie Philosophie, Politische Wissenschaften und Ökonomie studierte. Dort heiratete sie auch den britischen Professor und Tibetforscher Michael Aris. Sie kehrte 1988 nach Birma zurück, um ihre kranke Mutter zu pflegen. So mußte sie mitansehen, wie Soldaten demonstrierende Studenten erschossen, die ein Bild ihres Vaters vor sich hertrugen. „Es wäre feige gewesen, mich weiterhin im Hause zu verkriechen“, sagte Suu Kyi. In flammenden Reden forderte sie freie Wahlen und den Rücktritt der Militärjunta von General Saw Maung, der sich im September 1988 an die Macht geputscht hatte. Sie mißachtete das Verbot, öffentlich aufzutreten. Einmal hatten Soldaten bereits die Gewehre auf sie angelegt, als im letzten Moment der Schießbefehl zurückgezogen wurde. Die Militärjunta versuchte sie als „vom Ausland bezahlte Kommunistin“ zu diffamieren. Sie sei „keine echte Birmanin“, weil sie einen Ausländer geheiratet habe. Auch wurde ihr vorgeworfen, daß sie erst während der schon laufenden Demokratie-Bewegung nach Birma zurückgekehrt sei. Das alles hat wenig genützt. Die zierliche, doch willensstarke und intelligente Suu Kyi wurde zur Hoffnungsträgerin für Millionen von Birmanen, die seit fast 30 Jahren von den Militärs unterdrückt werden. Als im Januar 1988 ihre Mutter Khin Kyi in Rangun beerdigt wurde, begleiteten Hunderttausende den Trauerzug und schwenkten die Fahnen der von Suu Kyi gegründeten NLD. Die Opposition hatte zum erstenmal ihre Stärke demonstriert.„Das Volk hat euch gesagt, was es will - eine Mehrparteiendemokratie“, sagte Suu Kyi, gerichtet an die Adresse der Militärjunta. Als sie im Juli 1989 anläßlich des Jahrestages der Ermordung ihres Vaters eine Demonstration anführen wollte, wurde sie unter Hausarrest gestellt. Der Wahlsieg der NLD ist ein deutliches Votum des Volkes für Suu Kyi.
Henrik Bork
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