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Wahlrecht für alle!

■ betr.: "Durchsichtige Wahlmanipulation", taz vom 4.9.90

betr.: „Durchsichtige Wahlmanipulation“, taz vom 4.9.90

Neben dem Gezerre um die Fünf-Prozent-Hürde ist inzwischen in Vergessenheit geraten, daß das Bundesverfassungsgericht in diesem Herbst auch über die Zulässigkeit eines kommunalen AusländerInnenwahlrechts entscheiden will. Dabei kann man beide Wahlrechtsprobleme durchaus im Zusammenhang sehen. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich in seiner (Vor -)Entscheidung, das kommunale Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein per einstweiliger Anordnung auszusetzen, bereits inhaltliche Ausführungen zum Wahlrecht gemacht. Es führte an, daß der Gesetzgeber sich nicht nach eigenem Gutdünken sein Wahlvolk zusammenstellen dürfe. Letztlich passierte genau dies jedoch beim Gezerre um Wahlgebiete und Wahlrecht während der letzten Wochen. (...)

Wenn dasselbe Bundesverfassungsgericht nach all dem Geschacher und Gekungel um Wahlhürden, Listenverbindungen, „abgetretene“ Direktmandate und Wahlgebiete (und inzwischen selbst um die Stimmverteilung der Länder im Bundesrat) noch die Frechheit besitzt, ein kommunales Ausländerwahlrecht mit der Begründung abzulehnen, der Gesetzgeber dürfe sich sein Wahlvolk nicht selbst erwählen, dann ist dies nur noch hohle Phrase - oder anders ausgedrückt - schlecht verhohlene Ausländerfeindlichkeit. Entweder man will eine Anerkennung der ausländischen MitbürgerInnen als Mit-BürgerInnen oder man will dies eben nicht. Verfassungspolitisches Drumherumgerede ist nach diesem Wahlrechts-Schmierensommer nicht mehr möglich.

Christian Rath, Freiburg

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