Wahlkampfendspurt in den USA: Kamala Harris verspricht „Land vor Partei“
Die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten warnt bei einer Großkundgebung an einem symbolträchtigen Ort der US-Hauptstadt vor Donald Trump.
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin sprach nämlich am selben Ort, an dem Nochpräsident Donald Trump vor mehr als drei Jahren seine Anhänger dazu aufforderte, zum US-Kapitol zu marschieren, um dort die Bestätigung von US-Präsident Joe Bidens Wahlsieg zu verhindern. Der 6. Januar 2021 wurde einer der schwärzesten Tage in der US-Geschichte.
Vor beeindruckender Kulisse, mit dem Weißen Haus im Hintergrund und zehntausenden Besuchern, versuchte Harris diejenigen, die noch immer nicht zwischen ihr und Trump entschieden haben, davon zu überzeugen, dass eine Stimme für Trump eine Stimme für die Tyrannei sei.
„Er ist jemand, der labil ist, von Rache besessen, von Groll zerfressen und auf uneingeschränkte Macht aus ist“, erklärte Harris in der Rede, die von ihrem Wahlkampfteam als „Closing Argument“, also als Schlussplädoyer, angepriesen wurde.
Umfragen sehen völlig offenen Wahlausgang
Letzten Umfragen zufolge ist der Wahlausgang weiterhin völlig offen. Laut der University of Florida sollen bereits mehr als 53 Millionen Amerikaner die Möglichkeit der vorzeitigen Stimmabgabe genutzt haben. Wahlberechtigt sind rund 244 Millionen Menschen.
Für Harris ging es am Dienstagabend darum, den Kontrast zwischen ihr und Trump nochmals zu verdeutlichen und die Gefahr, die von einer möglichen zweiten Amtszeit ihres Kontrahenten für die US-Demokratie ausgehe, hervorzuheben. „Donald Trump hat ein Jahrzehnt damit verbracht, das amerikanische Volk zu spalten und Angst untereinander zu schüren. So ist er. Aber Amerika, ich bin heute Abend hier, um zu sagen: So sind wir nicht.“
Empfohlener externer Inhalt
Sie gelobte, eine Präsidentin für „alle Amerikaner zu sein“ und das Land immer über die Partei zu stellen. Ob diese Argumente am Ende bei den verbleibenden unabhängigen und unentschlossenen Wählern ziehen werden, bleibt abzuwarten. In Umfragen ist der Erhalt der US-Demokratie hinter Themen wie Wirtschaft, Einwanderung, Kriminalität und Abtreibungsrechte weit abgeschlagen zu finden.
Während Harris versucht, unentschlossene Wähler und republikanische Wähler, die keine weiteren vier Jahre Trump wollen, in den letzten Tagen vor der Wahl von sich zu überzeugen, versucht der Ex-Präsident seine loyalen Anhänger zu motivieren und frustrierte Wähler einzufangen.
Trump bezeichnet New Yorker Kundgebung als „Lovefest“
Bei einer Kundgebung in New York am Sonntag war es zu einer Reihe von rassistischen und vulgären Äußerungen gekommen, die Trump schaden könnten. Der 78-Jährige kommentierte die Aussagen der anderen Redner nicht und bezeichnete die Veranstaltung in New York am Dienstag als ein „Fest der Liebe“.
Vor allem die Aussagen des Komikers Tony Hinchcliffe, der Puerto Rico als eine „schwimmende Insel aus Müll“ bezeichnete, wurde in der Öffentlichkeit und von Trump-Gegnern stark kritisiert.
Für Trump spricht weiterhin, dass viele Amerikaner vom wirtschaftlichen Aufschwung, den das Land nach der Corona-Pandemie hingelegt hat, nichts spüren. Die inflationären Preissteigerungen, vor allem im Bereich von Lebensmitteln, machen vielen Haushalten weiterhin zu schaffen.
Während einer Wahlkampfveranstaltung im Swing State Pennsylvania am Dienstag stellte Trump deshalb eine einfache, doch effektive Frage: „Geht es Ihnen jetzt besser als vor vier Jahren?“
Trump verspricht Einfuhrzölle auf alle Importgüter
Glaubt man Untersuchungen, dann sagt eine Mehrheit der Amerikaner, dass das Land sich in die falsche Richtung bewegt. Trump will bei einem Wahlsieg Einfuhrzölle auf alle Importgüter verhängen und die größten Abschiebemaßnahmen in der Geschichte des Landes durchführen.
Bei einer Pressekonferenz in Florida attackierte er am Dienstag Harris' Führungsqualitäten. „Keine Person, die im In- und Ausland so viel Zerstörung und Tod verursacht hat, sollte jemals Präsident der Vereinigten Staaten sein dürfen“, sagte Trump.
Im Gegensatz zu Trump, der Demokraten oft als Feinde bezeichnet, will Harris auch Republikaner ins Boot holen. „Er will [seine Gegner] ins Gefängnis werfen. Ich werde ihnen einen Platz am Verhandlungstisch geben“, sagte sie.
Die verbleibenden Tage bis zur Wahl werden Harris und Trump mit Wahlkampf-Auftritten in den so wichtigen sieben Swing States verbringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“