: Wahlhilfe für DVU
■ Scharfe Kritik am Urteil des OVG
Aussetzer? Entscheidung stur nach den Paragraphen? Oder gezielte „Wahlhilfe in Richterrobe“, wie es Senatschef Henning Voscherau bezeichnete? Ein am Freitag bekannt gewordenes Urteil des Hamburger Oberverwaltungsgerichts löste am Wochenende heftige Kritik aus.
Die Richter hatten der DVU im Streit mit dem NDR drei statt der für Nicht-Bürgerschaftsparteien vorgesehenen zwei Werbespots zugestanden. Abenteuerliche Begründung des Gerichts laut NDR: Die DVU werde voraussichtlich nicht an der Fünfprozenthürde scheitern. Damit, so der Kommentar des NDR, würden „Spekulationen zur Grundlage gerichtlicher Entscheidungen gemacht“.
Voscherau wurde deutlicher. Richter seien in ihrem Urteil zwar unabhängig, das Grundgesetz erlaube ihnen aber nicht, die Demokratie zu Grabe zu tragen. Auch Sprecher der Hamburger CDU und FDP attackierten die Urteilsbegründung heftig. „Ein Skandal,“ so Bürgermeisterkandidat Dirk Fischer. Die Bonner SPD-Sprecherin Cornelie Sonntag bezeichnete die Entscheidung als eine „Anschubhilfe der Justiz“ für eine rechtsradikale Partei. Für die Wähler sei das Urteil zusätzlicher Anlaß, durch starke Beteiligung den „rechtsradikalen Rattenfängern“ den Garaus zu machen.
Das Oberverwaltungsgericht widersprach mit seinem Urteil dem Kölner Landgericht, das in einem ähnlichen Verfahren zwischen der DVU und dem Privatsender RTL die Klage der DVU zurückgewiesen hatte, da derlei Wahlprognosen zu unsicher seien.
NDR-Intendant Jobst Plog erneuerte nach dem Urteil seine Forderung, Rundfunk- und Fernsehsender generell von ihrer Pflicht, Parteienwerbung auszustrahlen, zu entbinden. Eine entsprechende Änderung des Staatsvertrags hatte Mediensenator Thomas Mirow (SPD) kürzlich abgelehnt. uex
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen