: Wagner: Katze beißt sich in Schwanz
■ Vulkan-Chef : Vulkan braucht Konzepte - die brauchen Zeit, und die hat keiner
Lange war der neue Vulkan-Chef stumm geblieben, so als hätten ihm die Einblicke in die Vulkan-Bilanzen die Sprache verschlagen. Gestern trat Udo Wagner vor die Presse. Hin und wieder mühte er sich, seine düstere Miene im Blitzlichtgewitter der Fotografen aufzuhellen. Besonders angenehm war dem Ex-Finanzchef von ABB in Mannheim sein erster großer öffentlicher Auftritt als Vorstandsvorsitzender der Bremer Vulkan Verbund AG offenbar nicht. Seit seinem Dienstantritt am 1. Februar habe er „pausenlos“ in Krisensitzungen versucht, die wahre Lage des Verbundes zu analysieren. Den Durchblick hat Wagner aber offenbar immer noch nicht - geschweige denn ein Konzept, um die die Produktivität zu steigern und die Kosten besonders im Schiffbau zu senken.
Unbezahlte Rechnungen in Höhe von bis zu 240 Millionen Mark hätten den Verbund schließlich in den Vergleich getrieben. Die Finanzmittel im Konzern lägen bei „null“, sagte der als Finanzexperte gerühmte Wagner.
Inzwischen hat das Bremer Amtsgericht den Vergleichsantrag des Vulkan angenommen und den Heidelberger Rechtsanwalt Jobst Wellensieck zum Vergleichsverwalter bestellt. Dieser hatte 1993 den Klöckner-Vergleich geregelt.
Zusammen mit Wagner hat Wellensieck ein schönes Stück Arbeit vor sich: Über die offenen Rechnungen hinaus fehlen dem Vulkan mehr als zwei Milliarden Mark, um das Jahr zu überstehen. 1,1 Milliarden benötige man, um die in Auftrag gegebenen Schiffe 1996 zu finanzieren. Hier hoffte Wagner auf Bürgschaften der Landesregierungen von Bremen und Mecklenburg-Vorpommern und vom Bund. Daran sollte der Vergleich nicht scheitern, sagte Wagner. Schließlich hätten die „öffentlichen Hände“ sich auch in den letzten Wochen sehr entgegenkommend gezeigt. Mit der Europäischen Union müsse ausgehandelt werden, daß solche Bürgschaften nicht als Beihilfen, sondern als normale Finanzierungen definiert werden, sprach Wagner. Aufträge im Wert von sieben Milliarden Mark stehen in den Vulkan-Büchern. Wieviel Verlust die Werften damit einfahren, konnte Wagner nicht beziffern.
400 bis 500 Millionen Mark müßten kurzfristig für Betriebsmittel und Kreditrückzahlung aufgetrieben werden. Hierfür gebe es „hoffnungsvolle Signale von den Banken“, deutete Wagner an. Die Bankenschelte sei unangebracht und nicht hilfreich.
Größter Brocken, der längerfristig über Wagners Kopf hängt, sind 750 Millionen Mark für die Ost-Werften. Nach der Übernahme hatte der Vulkan zugesagt, dieses Geld als Eigenanteil neben 750 Millionen Mark Treuhand-Subventionen im Osten zu investieren. Wagner ratlos: „Das Geld ist nicht da“.
Über die in den Westen fehlgeleiteten Subventionen für Ostdeutschland ließ sich Wagner entlocken, man wisse nur von 60 Millionen zweckentfremdeten Mark. Wie die EU zu ihrer Zahl von 600 Millionen komme, wisse er nicht. Er wolle aber nach Brüssel reisen, um die Sache zu klären. Doch all das dürfte nichts nützen, wenn nicht ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Vulkan-Verbund entwickelt wird. Doch außer Allgemeinheiten wie „aufs Kerngeschäft konzentrieren“, „keine verlustbringenden Aufträge mehr akquirieren“, „Auffanglösungen für Einzelgesellschaften“, „Verbund um Perle STN Atlas gruppieren“, konnte Wagner nichts sagen. Eine Standort-Garantie wollte er nicht geben. Ein Konzept zur Schließung von zwei der drei Unterweser-Werften sei ihm nicht bekannt. „Das ist wie die Katze, die sich in den Schwanz beißt.“ Vor lauter Krisenmanagement bleibe keine Zeit, ein Konzept zu entwickeln. Und ohne Konzept geben die Gläubiger dem Vulkan keinen Zahlungsaufschub. jof
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