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Waffenexporte: „Eine Herde schwarzer Schafe“

■ Bundestag debattiert illegale Waffenexporte: Einhellig im Abscheu, Mehrheit für Nichtstun/ Vorwürfe gegen BND

Bonn (taz) — Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes waren verstrickt in illegale Waffenexporte in Kriegsgebiete wie dem Irak. Das warf die Grüne Christa Venegerts gestern im Parlament der Bundesregierung vor. Der zuständige Staatssekretär im Kanzleramt, Lutz Stavenhagen, wies die Anschuldigung weit von sich. Informanten seien immer darauf hingewiesen worden, daß sie auf keinen Fall ein „Weggucken“ der Strafverfolgungsbehörden als Gegenleistung für Tips erwarten dürften. Ein Abgeordneter der Regierungsparteien nach dem anderen tat Abscheu und Empörung über illegale Waffengschäfte kund. CSU- Mann Kurt Rossmanith forderte die Unternehmer auf, sie sollten sich „ernsthafte Gedanken über ihre moralische Selbstkontrolle machen“. Dabei soll's bleiben: „Das kriminelle Potential ist durch schärfere Gesetze nicht zu verhindern.“ CDU- Kollege Peter Kittelmann sagte, nur „wenige schwarze Schafe“ der deutschen Wirtschaft handelten illegal.

Die Grüne Christa Vennegerts sprach dagegen von einer regelrechten „Herde schwarzer Schafe“. Die Bundesregierung sei jedoch schlimmer als die kriminellen Unternehmer. Das Wirtschaftsministerium habe den Export angeblich ziviler Transporter in den Irak genehmigt. Beim Einmarsch der Irakis in Kuwait kamen die Laster dann zum Einsatz. UNO-Truppen im Golf könnten schon bald von Raketen der Firma MBB beschossen werden. Vennegerts: „Alle Kooperationsverträge kündigen“. FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher forderte ein striktes Verbot von Waffenexporten in Länder außerhalb der Nato. Der CDU-Abgeordnete Karl Lamers wischte diesen Vorschlag vom Tisch: „Das hieße, den Dritte-Welt- Ländern ihre legitimen Sicherheitsinteressen abzusprechen“. Wirtschaftsminister Haussmann verteidigte die deutschen Unternehmer. Nur einzelne hätten den Weg in die Kriminalität gewählt. Die Außenwirtschaftskontrollen „sind inzwischen erheblich erhöht worden.“ Das internationale Vertrauen in die deutsche Kontrollsicherheit müsse jetzt wieder hergestellt werden.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) äußerte inzwischen den Verdacht, daß MBB nicht nur auf dem Umweg über Spanien und Österreich (siehe gestrige taz), sondern auch über Jordanien Kampfhubschrauber an Irak geliefert hat. Bei der Begehung des MBB-Auslieferungslagers in Ottobrunn fielen der GfbV an die Luftwaffenkommados in Bagdad und in Amman adressierte Lieferscheine in die Hände, die auf ein und dasselbe vom 3. Oktober 88 datierte Bestellschreiben Bezug nehmen und auch ansonsten fast völlig identisch sind.

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