: „Waffen nieder, Ärmel hoch!“
■ US-Vermittler Holbrooke erreichte Waffenstillstand für Bosnien – Clinton kündigt Friedenskonferenz an
Washington/Sarajevo (dpa/AP/AFP) – In ganz Bosnien soll am kommenden Dienstag, dem 10. Oktober, ein Waffenstillstand in Kraft treten. US-Präsident Bill Clinton kündigte gestern in Washington vor der Presse an: „Wir stehen unmittelbar vor einem Waffenstillstand.“ Allerdings müßten zuvor bestimmte Bedingungen erfüllt sein, sagte der amerikanischen Präsident vor dem Hintergrund der jüngsten Vermittlungsmission seines Bosnien-Beauftragten Richard Holbrooke. Einzelheiten dieser Bedingungen nannte Clinton nicht; es müßten jedoch noch „große Meinungsunterschiede überwunden werden“. Clinton sagte, dies sei „ein bedeutender Moment in der schmerzlichen Geschichte Bosniens, denn heute haben die Parteien akzeptiert, ihre Waffen niederzulegen, ihre Ärmel aufzukrempeln und für den Frieden zu arbeiten“.
Etwa am 25. Oktober sollten in Washington Verhandlungen beginnen, an der die Regierungen von Bosnien, Kroatien und Serbien teilnehmen wollten. Holbrooke sowie die Bosnien-Kontaktgruppe würden in diese Verhandlungen einbezogen, sagte der US-Präsident. Sie sollten dann später auf einer internationalen Friedenskonferenz in Paris fortgesetzt werden.
In Sarajevo erläuterte unterdessen der Sprecher des bosnischen Außenministeriums, Mirza Hajrić, den Inhalt des jüngsten Angebots der bosnischen Regierung an die Karadžić-Serben. Demnach hatte die bosnische Führung auf die geforderte Entmilitarisierung der Serbenhochburg Banja Luka verzichtet. Die übrigen Bedingungen der bosnischen Führung für ihre Zustimmung zu einer Feuereinstellung – die Aufhebung des Belagerungsrings um Sarajevo, die Wiederherstellung der Versorgung der bosnischen Hauptstadt mit Energie sowie die Öffnung einer Versorgungsstraße nach Goražde – blieben jedoch weiter bestehen.
Holbrooke hatte gestern zuerst mit der Regierung in Belgrad, dann eine Stunde mit der bosnischen Führung gesprochen, bevor er am Nachmittag weiter nach Zagreb reiste. Der US-Unterhändler hatte am Mittwoch einen Vorschlag der bosnischen Führung nach Belgrad mitgebracht, den er selbst als „ernsthaft“ bezeichnete.
Der russische Vizeaußenminister Igor Iwanow hatte nach einem Treffen mit Serbenführer Karadžić im nordostbosnischen Bijeljina in der Nacht zu gestern erklärt, die Karadžić-Serben wollten im Hinblick auf die Streitpunkte Sarajevo und Goražde einlenken.
An den Fronten Bosniens registrierte die UN-Führung gestern „intensive Kampftätigkeit“. Während serbische Truppen im Westen des Landes ihre Offensive bei Bosanska Krupa fortsetzten, stießen bosnische Regierungstruppen gegen die Serbenhochburg Doboj vor. Gleichzeitig drangen die Regierungstruppen gegen die Linien der Karadžić-Serben zwischen Konjic und Kalinovik südlich von Sarajevo vor. Rußland hat gestern die erneuten Luftangriffe der Nato in Bosnien und Angriffe der bosnischen Regierungstruppen bei Sarajevo kritisiert. Kampfflugzeuge der Nato hatten am Mittwoch Radarstellungen der Karadžić-Serben angegriffen, als sie nach Angaben der Allianz vom serbischen Zielradar erfaßt wurden. Die Kampfjets können weiterhin zur Selbstverteidigung serbische Positionen bombardieren. Tagesthema Seite 3
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