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Wählen schon ab 14!

■ Bei einer Anhörung des Bundestags sprachen sich Juristen für eine stärkere politische Beteiligung von Kindern aus. SPD will hierzu Gesetzentwurf einbringen

Bonn (epd/taz) – Kinder sollen stärker an politischen Entscheidungen beteiligt werden. Dies ist das Ergebnis einer Expertenanhörung der Kinderkommission des Bundestags, die gestern in Bonn stattfand. Übereinstimmend sprachen sich die Juristen dabei für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 14 Jahre aus. Verfassungsrechtlich sei das Wahlrecht ein Grundrecht und gelte damit ab der Geburt, meinte etwa der Münchner Rechtsanwalt Peter Merk. Dagegen wurde die Einführung des sogenannten „Familienwahlrechts“, nach dem Eltern für ihre Kinder stimmen dürfen, überwiegend als „kontraproduktiv“ abgelehnt. Das Familienwahlrecht führe zu einer weiteren Entmündigung junger Menschen. Außerdem sei eine Interessenidentität zwischen Kindern und Eltern nicht immer vorauszusetzen.

Die niedersächsische Justizministerin Heidrun Alm-Merk (SPD) äußerte die Befürchtung, daß sich in einer Gesellschaft mit immer mehr älteren Menschen der „Blickwinkel zuungunsten der Jüngsten“ verschiebt. Das Wahlrecht für junge Menschen sei deshalb dringend erforderlich. Wenn allein die vermeintliche Reife Maßstab für die Wahlzulassung wäre, dürften auch viele Erwachsene nicht wählen gehen.

Kinder seien schon heute in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens wie der Verkehrspolitik sachverständig, sagte der Bielefelder Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Jugendliche seien zudem bedingt geschäfts- und straffähig. Im Alter von zwölf bis 14 Jahren erlangten sie „moralische und politische Urteilsfähigkeit“. „Politische Spielwiesen“ wie Schülervertretungen ohne Kompetenz seien deshalb unzureichend.

Zum Familienwahlrecht sagte der Kieler Staatsrechtler Hans Hattenhauer, er sehe „kein juristisches Argument“, das einer Wahlvertretung für das Kind durch einen gesetzlichen Vertreter widerspreche. Entscheidend ist auch für ihn die „Rechtsfähigkeit“ und nicht die „Mündigkeit“. Zugleich merkt er aber an, daß man erst beweisen müsse, ob Eltern nicht doch die Interessen ihren Kinder verträten. Auch der Grundsatz der „Höchstpersönlichkeit“ beim Wählen werde beim Familienwahlrecht nicht mehr eingeschränkt, als dies bei der Briefwahl der Fall sei.

Im Anschluß an die Beratungen sagte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Christel Hanewinckel, sie sehe keinen Grund mehr, der gegen eine Herabsetzung des Wahlalters auf 14 Jahre spreche. Junge Menschen sollten möglichst bald auf allen politischen Ebenen wählen dürfen. Geklärt werden müsse aber noch das Verhältnis von aktivem und passivem Wahlrecht. Sie sprach sich für eine entsprechende Gesetzesinitiative ihrer Fraktion noch in dieser Wahlperiode aus.

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