: Wackersdorf belastet Koalition
■ Der bayerische Ministerpräsident Strauß reagiert auf Äußerungen von FDP und Umweltminister Töpfer zur künftigen Atompolitik und schreibt an Kohl: „So geht es nun wirklich nicht mehr“
München/Bonn (dpa) – Franz Josef Strauß hat Bundeskanzler Helmut Kohl aufgefordert, eine eindeutige Position zur atomaren Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) Wackersdorf zu beziehen. In einem Brief an Kohl, den die Welt am Sonntag veröffentlichte, schreibt der CSU-Chef: „Wenn die Bundesregierung will, daß die Bayerische Staatsregierung dieses Projekt aufgibt und den polizeilichen Schutz einstellt, dann bitte ich um klare und schleunigste Mitteilung.“
Strauß sieht in jüngsten Äußerungen von FDP-Generalsekretär Helmut Haussmann und Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) zur weiteren Nutzung der Atomenergie und zum Entsorgungskonzept der Bundesregierung „eine weitere ernste Belastung der Koalition“. Strauß: „So geht es nun wirklich nicht mehr.“ Die bayerische Staatsregierung „stand und steht zu ihrer Verpflichtung, die sie mit dem Standort Wackersdorf für die Wiederaufarbeitungsanlage übernommen hat“. Sie könne dies allerdings nur dann durchhalten, schreibt Strauß weiter, wenn auch die Bundesregierung und alle sie tragenden Koalitionsparteien „weiterhin uneingeschränkt zu dieser Anlage und zu dem ihr zugrunde liegenden Entsorgungskonzept stehen“.
Wenn prominente Koalitionspolitiker sich so äußerten, „wie Herr Haussmann es wiederum in populistischer Extase getan hat“, dann werde naturgemäß die WAA immer stärker in Zweifel gezogen. Allmählich frage sich die Öffentlichkeit, „ob in dieser Koalition die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut und umgekehrt“. Es zeichne sich ein so erschreckender Mangel an politischer Linie ab, „daß naturgemäß immer wieder die Frage nach der politischen Führung in Bonn gestellt wird“. Weiter fordert Strauß in dem Brief: „Wir brauchen eine Reaktion des Bundeskanzlers, der Bundesregierung, der CDU, aber auch der Koalition und des zuständigen Bundesministers.“
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