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Wachmann spricht Englisch

■ „Konver“-Programm schult arbeitslose Ex-Angestellte der Army in Bremerhaven

Gutes Englisch und der Führerschein Klasse II waren manchmal ausreichend, um einen der begehrten Jobs in Bremerhaven zu bekommen: ZivilbeschäftigteR bei den US-Streitkräften. Doch die sind nun weg und einen Führerschein haben auch andere. Aber nicht alle sprechen so gut Englisch wie die ehemaligen Angestellten der US Army. Das hatte sich auch Arbeitssenatorin Sabine Uhl gedacht und gemeinsam mit anderen Trägern das „Konver-Programm“ ins Leben gerufen. Speziell für die ehemaligen Beschäftigten wurde dieses Weiterbildungs- und Qualifikationsprogramm angeschoben, das jetzt abgeschlossen ist. Wieviele Menschen durch diese Maßnahme wieder ein Arbeitsplatz gefunden haben, kann allerdings erst in einem Jahr festgestellt werden.

Mit dem Abzug der US-Streitkräfte aus Bremerhaven hatten letztes Jahr 1065 Zivilbeschäftigte ihren Arbeitsplatz bei der Army verloren. Um diesen Verlust in der Größenordnung eines Großbetriebs aufzufangen, wurde von Arbeitsamt, Angestelltenkammer und der Senatorin für Arbeit und Frauen ein Qualifizierungsprogramm eingerichtet, das speziell auf die ehemaligen Zivilbeschäftigten zugeschnitten sein soll: Ein sogenanntes Konversionsprogramm (Konver-Programm).

In einer bundesweit „vorbildlichen“ Art ging die Angestelltenkammer Bremen bereits im Dezember 1992 direkt auf die Beschäftigten zu – als die ersten Kündigungen kamen. „Wir haben mit der Betriebsvertretung und dem Civil Personal Office gesprochen“, erläutert Ingo Schierenbeck, Leiter der Geschäftsstelle Bremerhaven der Angestelltenkammer Bremen. „Dann wurde genau geprüft, welche Qualifikationen die Betroffenen haben. In Planspielenwurden Konzepte entwickelt, wie gemeinsam mit anderen Weiterbildungseinrichtungen die Arbeitskräfte für den Bremerhavener Markt qualifiziert werden können.“

Herausgekommen sind dabei sieben Kurse, bei denen insgesamt 214 der ehemaligen Zivilbeschäftigten geschult wurden. „Da die meisten von ihnen schon qualifiziert sind, beispielsweise durch hervorragende Englischkenntnisse, konnten wir dabei entweder an die bisherigen Tätigkeiten anknüpfen oder sie in Hinsicht auf zukunftsträchtige Berufe weiterbilden,“ erläutert Arbeitssenatorin Sabine Uhl. Da wurde beispielweise die Ausbildung zum „Fremdsprachlichen Sachbearbeiter“ angeboten. Und eine Weiterbildung für Wachleute oder Fahrerinnen. „Über 50 Prozent der TeilnehmerInnen haben in diesen Bereichen bereits wieder einen Arbeitsplatz gefunden“, so Marlis Kaap vom Arbeitsamt. Rund zehn Personen stehen bereits wieder als „Fremdsprachliche SachbearbeiterInnen“ in Lohn und Brot regulärer Arbeitgeber.

3,5 Millionen Mark kostet das Projekt. Eine Millionen Mark hat das Land Bremen dafür aus dem Europäischen Sozialfonds losgeeist. Zusätzlich 500.000 Mark, ebenfalls Europa-Gelder, fließen über Niedersachsen zu. Mit zwei Millionen Mark bleibt die Bundesanstalt für Arbeit zweitgrößter Geldgeber bei der Konver-Maßnahme. Die fängt den Schwung ziviler Arbeitsloser im übrigen auch durch 68 reguläre Bildungsmaßnahmen auf. Immerhin sind knapp 800 ehemalige Zivilbeschäftigte vom Armeeabzug betroffen. Aber nicht alle blieben in Bremerhaven: die vom Arbeitsamt erfaßt wurden, nach heutigem Stand wie folgt: 100 von ihnen sind in andere Arbeitsamts-Bezirke abgewandert. Gleich 200 weitere haben die Berufsunfähigkeitsrente eingereicht oder genießen Mutterschutz. Nur ein kleiner Bruchteil hat das Wagnis der Selbständigkeit auf sich genommen. In einen neuen Job wurden nur 150 Personen vermittelt.

Am schwersten trifft es 350 Menschen Die sind immer noch arbeitslos. Unter ihnen 130 Frauen und Männer, die über 50 Jahre alt sind, 100 andere befinden sich noch in Qualifizierungsmaßnahmen.

Doch Behörde und Arbeitsamt sind zufrieden: „Für Bremerhavener Verhältnisse haben wir ein sehr gutes Ergebnis erzielt“, bewertet Marlis Kaap die Zahlen. Für Udo Schierenbeck ist es ein „Modell der Zukunft. Für Problemfälle wie beim Motorenwerk“. D. Martin

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