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WM-Lexikon

Kolumne
von Elena Beis

B ERGIE

Bergie: Damit sind alle Obdachlosen und Alkoholiker von Kapstadt gemeint. Der Begriff kommt vom Afrikaans "berg" (Berg) und hat sich etabliert, weil die Obdachlosen früher auf dem Tafelberg gelebt haben. Heutzutage bevölkern sie Kapstadts Straßen, aber man nennt sie immer noch bergies. Das "g" spricht man ganz rau aus, so als würde man versuchen, seinen Rachen zu klären.

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COCONUT

Coconut: Slangausdruck für einen Schwarzen, der seine Mentalität angeblich zu sehr den Weißen angepasst hat - jemand der außen "schwarz", aber im Inneren "weiß" ist, wie eine Kokosnuss. Meistens sind damit schwarze Südafrikaner gemeint, die in den Städten leben - und die hören das ganz und gar nicht gern. Der Begriff stammt noch aus der Kolonialzeit.

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CHINA

China: Eine freundschaftliche Anrede ähnlich wieboet, die "Kumpel" heißt. Hört man meistens als "Howzit my China?". Kommt nicht so gut, wenn ein richtiger Chinese am Tisch sitzt. Stammt aus dem Londoner "Cockney Rhyming Slang". Englische Siedler in Südafrika sagten zueinander "China plate" (Porzellanteller), weil "plate" wie "mate" (Kumpel) klingt. Daher "China" für "mate".

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LANK

Lank: Mehr als cool ist lank cool: Eine lässige Surfervokabel, die sich im lässigen südafrikanischen Alltag fest etabliert hat. Lank wird eingesetzt, um die Größe von Dingen aufzubauschen: "There were lank hot ladies at the game last night" (Gestern Abend waren tonnenweise heiße Ladies da) oder "Damn, this line is lank long" ("Mist, diese Schlange hört ja gar nicht mehr auf").

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DOP

Dop: Wenn jemand vorschlägt: "Do you want to go for a dop?", kann man beruhigt ja sagen - es ist ein Drink. Benutzt man auch als Verb ("I am going to dop this bloody beer quickly") und im übertragenen Sinne als "nicht schaffen": "Eish! I think i am going to dop this test". Kommt aus dem Afrikaans und ist nicht zu verwechseln mit dem ähnlich klingenden dorp (Dorf, Kaff) oder gar dof (dumm).

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DAGGA

Dagga: Marihuana. In Südafrika illegal, aber zugegebenermaßen sehr leicht zu bekommen. Insbesondere car guards helfen diesbezüglich immer gerne weiter. Das Wort stammt aus dem Khoikhoi - der Sprache der frühesten indigenen Siedler des südafrikanischen Raums, die mit solchen Dingen offensichtlich bestens vertraut waren. Man spricht es "da-ch-ch-ch-a" aus.

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WOZA

Woza: "Komm!" oder auch "ach, komm jetzt". Spricht man als w-u-h-o-zzz-a mit einem summenden "zzz" aus. Der Ausdruck kommt aus dem isiZulu und Ndebele. "Woza 2010!" heißt "Komm 2010!", "Woza Ghana all the way!" "Komm Ghana, du schaffst es bis zum Schluss" oder "Oh Woza! I just found a surprise": "Unglaublich! Ich habe gerade eine Überraschung entdeckt."

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GATVOL

Gatvol: "Die Nase gestrichen voll haben" oder: "Jetzt reichts!" Der Begriff kommt aus dem Afrikaans, aber alle Südafrikaner benutzen ihn, wenn sie genervt sind. "I am gatvol of how my boss treats me" oder einfach nur "I am gatvol" ("Ich bin total sauer") hört man hier öfters. Gat heißt in Afrikaans "Loch" bzw. "Arsch" und vol voll. Das "G" am Anfang spricht man als "ch" aus.

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AYOBA

Ayoba: Durch die WM-Werbekampagne vom südafrikanischen Mobilfunkanbieter MTN ist dieses Johannesburger Ghetto-Wort aus dem isiXhosa zur absoluten WM-Kultvokabel avanciert. Ayoba heißt cool, toll, wunderbar. Junge Leute, vor allem Schwarze benutzen es seit Dezember im Alltag - "thats ayoba" statt "thats cool"; "thats not ayoba, dude" statt: "thats shit"

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UMLUNGU

Umlungu: Wenn Sie dieses Wort hören, sind wahrscheinlich genau Sie, "der weiße Mann", gemeint. Umlungu kommt aus dem Xhosa. Laut einer Anekdote wussten die Xhosas, als die ersten Weißen in Südafrika ankamen, nicht, wie sie sie nennen sollten. Sie beobachteten sie beim Essen und stellten fest, dass Weiße das sauberere Fleisch gegenüber den fetten, blutigen Teilen bevorzugten - und nannten den Weißen umLungu, "der, der Bratenfleisch vorzieht".

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TSOTSI

Tsotsi: Mit tsotsis macht man am besten keine Bekanntschaft. "Tsotsi" hört man heutzutage nicht mehr nur im Township - es ist gängiger Slang für einen Kriminellen oder Gangster. Das Wort kommt ursprünglich aus dem Sesotho: "tsotsa", was "sich auffällig und schillernd kleiden" heißt - Township-Tsotsis erkannte man früher an ihren glitzernden Anzügen mit wattierten Schultern und eng zulaufender Hose. Die weibliche Variante ist noasisa.

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CAR GUARD

Car Guard: Parkplatzwächter, eine fest zum südafrikanischen Stadtbild gehörende Erscheinung. Den Car Guard erkennt man an seiner zerfledderten neongelben oder neonorange Weste. Sein Arbeitsplatz befindet sich immer genau dort, wo man gerade parken möchte. Er behält geparkte Autos im Auge, egal ob am helllichten Tag mitten in der Innenstadt oder irgendwo abseits und gefährlich im Dunkeln. Im Gegenzug erwartet er ein paar Münzen, wenn man den Wagen wieder abholt. Für Knöllchen übernimmt er selbstverständlich keine Haftung.

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GEES

Gees: Eine Vokabel, die die unglaublich gute Stimmung, die gerade in Südafrika herrscht, zusammenfasst. Beispiel: "Bafana out, gees remain" (Bafana draußen, gees bleiben), "Visitors feel the gees" (Besucher fühlen die gees) oder auch: "The gees are coming to Johannesburg" (Die gees erreichen Johannesburg). Wenn ihr allerdings hören solltet "Cape Town is lagging in the gees stakes" (Kapstadt hinkt in puncto gees hinterher) - glaubt kein Wort.

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SHAME

Shame: Eine extensiv benutzte südafrikanische Lieblingsvokabel aus dem Englischen. Bedeutet "oh je", "schade", "das tut mir leid (für dich)", "oh Mann!", "wie unfair!" und alles andere, was im Entferntesten mit Anteilnahme zu tun hat. Shame! fällt in jedem Gespräch mit einem Südafrikaner, in der Regel immer abwechselnd mit "Izzit?"

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BABALAS

Babalas: Kommt aus dem Zulu. I-babalazi heißt auf isiZulu "betrunken". Umgangssprachlich wird es meistens im Sinne von "Kater" benutzt. "I have a babalas", oder auch: "I am so babalas" bedeutet "Ich bin fürchterlich verkatert". Babalas beschreibt genau den Zustand, in dem man sich immer schwört, nie wieder zu trinken.

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BLIKSEM

Bliksem: Wort aus dem Afrikaans, um Ärger und/oder Frust zum Ausdruck zu bringen. Wörtlich "Donner". Wird häufig als Verb verwendet im Sinne von "eine runterhauen", zum Beispiel: "Do you want me to bliksem you"? Die richtige Antwort darauf wäre selbstverständlich: "No!" Aber vielleicht heißt es ja auch nur "This bliksem car!" - dieses verdammte Auto. Oder: "Im sure that bliksem stole the money" - dieses Schwein hat bestimmt mein Geld geklaut.

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HOWZIT ?

Howzit: Nach vuvuzela das derzeit wohl berühmteste südafrikanische Wort. Eine sportliche Kurzvariante von "How is it (going)?" - "Wie gehts?" - die generelle Anrede in Südafrika. Einen Originalsüdafrikaner erkennt man daran, dass er es blitzschnell herausschießt, ohne dabei die Lippen zu bewegen. Die beste Antwort darauf ist ganz einfach: "Howzit".

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BRAAI

Braai: Das einzige (!) südafrikanische Wort für "Grillen". Kommt aus dem Afrikaans und heißt wörtlich "geröstet" bzw. "gebraten". Das englische "barbecue" gibt es in Südafrika nicht. Das Braaien wurde ursprünglich vor allem von den Buren praktiziert, ist aber mittlerweile Lieblingsbeschäftigung aller Südafrikaner. Braaivleis ist geröstetes Fleisch und eine braaiwors eine Bratwurst.

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MZANSI

Mzansi: Umgangssprachlich "Südafrika" bzw. "zu Hause", das insbesondere Xhosas & Zulus gerne mal einstreuen. Kommt von "e zantsi" aus dem Xhosa, was "da unten" oder "Süden" heißt. Vergleichbar mit "Ossi" bzw. "Wessi". Das südafrikanische Fernsehen SABC wirbt mit dem Slogan Mzansi fo shoo! ("Mzansi for sure") und will damit sagen: "Wir stehen hinter Südafrika!"

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JOL

Jol: Slang für Party. Kommt aus dem Afrikaans. Auch im Zusammenhang von "Last night was a jol": Gestern Abend war sehr lustig. Kann aber auch witzig, cool, sexy, verwegen oder einfach "herummachen" bedeuten. "I caught Mark and Mary jolling out" heißt dann: Ich habe Mark und Mary beim Knutschen erwischt.

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SHARP-SHARP

Sharp-Sharp: Insbesondere bei schwarzen Südafrikanern beliebter Gute-Laune-Ausdruck für "alles klar", "einverstanden" oder "Los gehts!". Hört sich an wie ein aus der Pistole geschossenes "Schappschapp" und wird klassischerweise mit einem erhobenen Daumen oder einer anderen beschwingten zustimmenden Geste unterlegt.

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EISH !

Eish! Ein einzigartiger südafrikanischer Ausdruck der Ratlosigkeit und/oder Verwunderung aus dem Xhosa. Wird E-I-SSSCH ausgesprochen. Meistens im Sinne von: "Wie konnte es bloß zu diesem Schlamassel kommen?" Seltener auch positiv: "Wahnsinn!" Zum Beispiel: "Eish! Ich glaube, der Typ atmet nicht mehr." Oder: "So ein schlechter Spieler. Eish!"

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IZZIT ?

Izzit? "Wirklich?", wörtlich: Ist das so? Gesprächsfüller, um Interesse, Mitleid oder Erstaunen auszudrücken. Fällt in jedem Gespräch mit einem Südafrikaner. Sehr praktische Vokabel auch für Urlauber. Egal ob jemand "Brazil plays Italy" oder auch nur "I have headache" zu Ihnen sagt - mit "Izzit?" als Antwort liegen Sie immer richtig.

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LEKKER

Lekker: multifunktionales Afrikaans-Wort für Objekte, Personen und Ereignisse, die man gut oder cool findet. Zum Beispiel "a lekker life/girl/steak". Das Gegenteil von lekker ist kak, was man auf Deutsch ohne Weiteres versteht. Wobei kak auch "sehr" heißen kann. "Kak funny" bedeutet: sehr lustig. "A kak match" ist dagegen "ein ätzendes Spiel".

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LADUMA

Laduma heißt wörtlich "es donnert" (isiZulu) und ist DER südafrikanische Beifallsruf, wenn bei einem Fußballspiel ein Tor fällt. Richtig spricht man das Wort im WM-Zusammenhang folgendermaßen aus: Laduuuuuuuuuuuuuuuuuuuu-Ma! Das heißt: Tooooooooooooooooooooor! Das U hält man so lange, bis einem die Luft ausgeht, und das Ma würgt man nur kurz hinterher.

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NOW

Now, im Prinzip "jetzt". Existiert in den Abstufungen now ("bald, irgendwann"), now now ("sehr bald") und now now now ("jetzt entspann dich mal"). Wenn ein Südafrikaner allerdings just now zu Ihnen sagt, dann gute Nacht. Er wird sich im Laufe der nächsten zwei Wochen nicht melden.

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BROTHER

Boet (Afrikaans), auch Bhuti (Xhosa), Brother (Englisch) oder ganz schlicht Bru: "Bruder". Universelle Ansprache für Männer. Familie wird in Südafrika nämlich sehr weitläufig gefasst. Junge Frauen sind alle Sisis (Schwestern), ältere sind Mamas. Oft gehörter Klassiker: "Sisi, dont you want to help your brother?"

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BAFANA BAFANA

Bafana Bafana: "unsere Jungs" (Zulu); der Name der südafrikanischen Fußballnationalmannschaft. Davon abgeleitet: Doing a Bafana: "viel Geld für wenig Leistung fordern". Die Südafrikaner waren bisher nicht sehr happy mit ihren Jungs. Das kann sich allerdings möglicherweise noch ändern. Dann könnte "doing a bafana" heißen: ein Wunder vollbringen.

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