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WEHLEID UND KINDERKRIPPE

■ The Jeremy Days im Loft

„Wir werden heute sehr offensiv sein. Wir haben vor zwei Tagen in Hamburg so einen Scheiß-Gig gespielt, der hat uns alle abgetörnt“, mault der Sänger der Jeremy Days nach dem ersten Stück und merkt nicht mal, daß seine Worte Wahrheit streifen. Als Die Entdeckung des Jahres werden sie uns angedient auf riesigen Plakaten, letztes Jahr behauptete die Band bzw. ihr Management das auch schon, es hat noch nicht ganz geklappt mit der PR-Hülse, aber wenn sie nur tapfer weiter darauf herumreiten, wird es vielleicht noch mal was.

Die Magermilchgesichter grämlicher Oberschüler durchschimmern fahl das Loft am Montag abend, man sieht Leute, die aus Langeweile leiden, nicht nur ein dummer, auch ein obszöner Anblick. Die Band auf der Bühne macht Freizeitanimation für Mittelklassekinder, wehleidig, jammerlappig und mit diesem Schuß Tiefsinn, zu dem gern und schwerblütig das Köpfchen hin und hergewackelt wird: Schlagzeug wie von Pappe, bißchen Schrummschrumm dazu und die Welt-ist-so-böse-Stimme obendrauf, fertig ist die Friseurmusik, are you listening?, ja doch, do you care?, nein, kein Stück, Plinkplank ist es und LaLa, unverbindlich, heiße Luft.

Popmusik ist ein horizontales Gewerbe, und The Jeremy Days sind fünf Korken, die oben schwimmen aus Mangel an Gewicht und Angriffsfläche, ideal für den Einsatz in Radio, TV und PR, gefällig und glatt, eine Dreingabe: „Das war ein reines Kompensationsgeschäft“, stöhnt der Veranstalter, „ich wollte die wirklich nicht haben, mußte sie aber nehmen, sonst hätte ich eine andere Band, die ich unbedingt holen wollte, nicht gekriegt.“ So geht das. Der gerechte Fuß der Zeit / zertrampelt diese Kleinigkeit, reimt man sich zum Troste, aber fromme Wünsche gehen nicht in Erfüllung, und der Zweizeiler geht so: Ach, der Käsefuß der Zeit / tritt auch diesen Quark noch breit.

wiglaf droste

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