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Archiv-Artikel

WDR kann durchatmen

Der Rundfunkrat gibt bekannt: Der Sender ist stasifrei

Jene Episode, die Günter Wallraff in seinem Buch „Zeugen der Anklage“ schildert, kommt schon recht merkwürdig daher: Ein Bild-Reporter habe sich 1976 ihm gegenüber mit seinen Kontakten zum Bundesnachrichtendienst (BND) gebrüstet. „Sie vermitteln mir Fotos und ein Exklusiv-Interview mit Biermann, und ich sage Ihnen, wo der BND heute Nacht bei Ihnen eine Wanze angebracht hat“, zitiert ihn Wallraff. Was waren das für Kontakte, die dem zwielichtigen Journalisten ermöglicht haben könnten, an solche Informationen zu gelangen? Arbeitete er vielleicht gar als inoffizieller Mitarbeiter für die Schnüffelbehörde, als „IM Schreikrampf“ oder so? So lange der geschilderte Vorfall auch her ist, so wäre eine Aufklärung über die dubiosen Verbindungen des Herrn doch immer noch von einigem Interesse. Denn immerhin ist er inzwischen bereits seit einiger Zeit in nicht gerade einflussloser Position im Studio Köln des WDR beschäftigt.

Aber dafür konnte jetzt eine andere spannende geheimnisumwitterte Frage beantwortet werden, wie der WDR am Samstag mitteilte. Der WDR-Rundfunkrat hat sich mit Marianne Birthler, der Bundesbeauftragten über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, getroffen, um „sich über die gegen den WDR gerichtete Arbeit des früheren DDR-Geheimdienstes informieren“ zu lassen. Das erfreuliche Ergebnis der Unterredung gab anschließend die stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Nicola Hirsch bekannt: „Das Gremium hat mit Freude zur Kenntnis genommen, dass es keine Verstrickungen von fest angestellten WDR-Mitarbeitern mit der Staatssicherheit gegeben hat und dass keine inoffiziellen Mitarbeiter beim WDR platziert wurden.“ Und das, obwohl doch Christdemokraten jahrelang behauptet hatten, der WDR sei ein „Rotfunk“-Sender! So kann man sich irren.

Nachdem also nun die Frage nach den Ost-Schlapphüten zu aller Zufriedenheit geklärt worden ist, wäre es nun an der Zeit für den WDR, sich mal den Schlapphüten West zu widmen. Wie stellte Nicola Hirsch auch noch ganz richtig fest: „Das Thema ‚freier Journalismus in Überwachungssituationen‘ ist hoch aktuell und bleibt auf der Tagesordnung des Rundfunkrates und des Programmausschusses.“ PASCAL BEUCKER