: Vulkan im Visier
■ Die Bremische Bürgerschaft setzt einen Untersuchungsausschuß ein
Bremen (taz) – Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß soll jetzt die Umstände aufklären, die zum Konkurs des Bremer Vulkan geführt haben. Das hat die Bremische Bürgerschaft gestern nach einer Sondersitzung einstimmig beschlossen. Die Kosten des Untersuchungsausschusses werden auf rund drei Millionen Mark geschätzt. Der Abschlußbericht wird in etwa zwei Jahren erwartet.
Auch bei der Wahl der Mitglieder des elfköpfigen Gremiums und des Vorsitzenden waren sich die Abgeordneten auf Anhieb einig. Einstimmig wählten sie Hermann Kuhn von den Grünen zum Vorsitzenden. Sein Stellvertreter wird Jens Böhrnsen (SPD). Doch die „traute Eintracht“ der Abstimmungsergebnisse täuscht: Während der zweistündigen Debatte ließ die Große Koalition keine Gelegenheit aus, um gegen den Untersuchungsausschuß zu wettern.
„Der Untersuchungsausschuß wird keinen einzigen verlorenen Arbeitsplatz wiederbringen“, gab der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Weber zu bedenken. „Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, den Belegschaften auf den Werften und in der Beschäftigungsgesellschaft Perspektiven aufzuzeigen – und zwar schneller, als sich der Untersuchungsausschuß Zeit lassen kann.“ CDU- Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer schlug in die gleiche Kerbe: „Wenn man Risiken und Chancen des Untersuchungsausschusses abwägt, überwiegen die Risiken.“ Monatelang käme Bremen nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus – eine Abschreckung für Investoren. Die Wählerinitiative Arbeit für Bremen (AfB) und Bündnis 90/Die Grünen betonten hingegen die Notwendigkeit des Gremiums. „Der Vertrauensschaden ist nur wettzumachen, wenn wir die Fehler aufarbeiten und eine Wiederholung für die Zukunft ausschließen“, sagte die AfB-Abgeordnete Elke Kröning. „Aufstieg und Fall des Bremer Vulkan sind aufs engste mit der tatkräftigen Assistenz von Senat und Bürgerschaft verbunden. Deshalb muß die Frage der politischen Verantwortung geklärt werden“, forderte auch Ex-Umweltsenator Ralf Fücks (Bündnis 90/Die Grünen). In bezug auf die 850 Millionen Mark für die Subventionierung der Ost-Werften, die im Cash-Management des Vulkan versickert sind, warf er die Frage auf, warum der Senat „zu diesem skandalträchtigen Thema bis zum heutigen Tag hartnäckig geschwiegen“ habe. „Schweigt er aus schlechtem Gewissen des Mitwissers?“
Die Große Koalition stimmte dem Untersuchungsausschuß zu, weil sie den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen wollte, sie stehe der Aufklärung im Weg. CDU und SPD hatten allerdings auch keine andere Wahl: Mindestens ein Viertel der 100 Abgeordneten muß für den Untersuchungsausschuß stimmen. AfB und Grüne, die den Antrag gestellt hatten, haben 26 Stimmen. Kerstin Schneider
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