: Vulkan: Arbeiterfront mit kleinem Riß
■ Heute: 17 Uhr Demo am Domshof/ DAG: Senat, STN halten
Die Leitungen zwischen den Firmen des Vulkan-Verbundes glühten gestern Nachmittag heiß. Doch nicht die Firmenchefs übten sich im Krisenmanagement. Die Spitzen der Verbund-Firmen wie STN Atlas Elektronik und die Bremerhavener Lloyd-Werft warteten dem Vernehmen nach weiter auf Informationen aus der Zentrale.
Dafür schmiedeten die Betriebsräte eine Arbeitnehmerfront. Ergebnis: Heute demonstrieren die Belegschaften gemeinsam um 17 Uhr vor der Vulkan-Zentrale am Domshof. Drinnen wird der Aufsichtsrat tagen. Danach soll die Mitteilung des Vorstandes verbreitet werden.
Unterdessen sorgte ein Schreiben des Bremer Chefs der Deutschen-Angestellten Gewerkschaft (DAG), Hartmut Frensel, an Bürgermeister Scherf für einen Riß in der Arbeitnehmerfront. In einem laut IG-Metall-Gewerkschaftern „unverständlichen Alleingang“ hatte Frensel vorausgedacht und ein Zerbrechen des Verbundes in Erwägung gezogen.
Dafür hat Frensel gute Gründe: Es gibt konkrete Hinweise, daß die „Perle“ verkauft werden soll, um die Liquidität der klammen Werften zu sichern. Als heißester Übernahme-Kandidat gilt der US-Rüstungskonzern Lockheed.
„Sollte STN eventuell zum Verkauf stehen“, hatte Frensel geschrieben, müsse die Landesregierung über die Hanseatische Industrie-Beteiligungen GmbH (HIBEG) vorübergehend die Mehrheit übernehmen. Die HIBEG hält bisher ein Drittel der längst verpfändeten STN Atlas, die Banken kontrollieren den Rest. Mit einer „zu parkenden Lösung“ will Frensel verhindert wissen, daß die Banken das gewinnträchtige Unternehmen „übereilt an einen ausländischen Interessenten verscherbeln“, dessen Unternehmensstrategie man nicht kenne.
Weil STN seit Jahren schwarze Zahlen schreibe, sei man nicht unter Zeitdruck, sei das Geld sicher angelegt. Bei einem Schnell-Verkauf an einen ausländischen Konkurrenten sei eine erneute „Blutspur“ abgebauter Arbeitsplätze nicht auszuschließen.
Alle Arbeitnehmervertreter, auch DAG-Chef Frensel, erneuerten ihre Bekenntnisse zur Verbund-Lösung. Auch die Mitarbeiter von STN wollen dem Betriebsrat zufolge im Verbund bleiben.
Die 1800 Ur-Vulkanesen von Vegesack haben bereits gestern beschlossen, die Tore zur Vulkan-Werft zu besetzen. Sie wollen verhindern, daß Fremdfirmen den auf den Docks unvermindert weiter schuftenden Vulkanesen das Material vor der Nase weg abziehen. Mit einem Zelt, zwei Koksöfen und einer von Nachbarn gespendeten Kaffemaschine wolle man „durchhalten bis zum Schluß“, so Betriebsrat Frank Prill. jof
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