piwik no script img

Vorzugsbehandlung für Sowjetbürger

■ Erste sowjetische Heimkehrer sind in Moskau eingetroffen / Viele Polen wollen vorerst bleiben

Die ersten 226 sowjetischen Rückkehrer aus Kuwait kamen am Samstag in Moskau an - unrasiert, übernächtigt und erstaunt über die Leichtigkeit ihrer Ausreise. Mit einer Sondermaschine aus Amman verließen sie den Nahen Osten, nach einer mörderischen Busfahrt durch die Wüste von Kuwait über Bagdad nach Jordanien, und ihre Berichte klingen ganz anders als die Schauergeschichten der geflohenen Westler, die von Mord und Totschlag erzählen. Von irakische Soldaten, so die Sowjets, seien sie immer mit Respekt behandelt worden. Man habe sogar ihre Fahrt beschleunigt und ihnen an der Grenze zu Jordanien Vorzugsbehandlung angedeihen lassen. „Es war wundervoll“, sagte der Ingenieur Vadim Danilov, „sie begleiteten uns zur Grenze, und wir mußten gar nicht warten, es gab keine Formalitäten. Alles war sehr gut. Die irakischen Regelungen erlauben Ausländern nicht, beim Verlassen des Landes ihre Habseligkeiten mitzunehmen, aber unser Vertreter überredete sie, bei uns eine Ausnahme zu machen. An den Tankstellen, vollgestopft mit Tausenden flüchtender Autofahrer, wurden wir als erste bedient.“

Doch noch ist nicht über die Zukunft aller 8.000 Sowjets im Irak entschieden. Sowjetische Stellen berichteten, Frauen und Kinder dürften das Land verlassen. Über das Schicksal von etwa 5.000 sowjetischen Männern werde noch verhandelt.

Ebenfalls aus Amman trafen am Sonntag morgen die ersten polnischen Heimkehrer auf dem Warschauer Flughafen ein. Fast drei Tage lang waren die Polen unterwegs, bis sie am Samstag in der jordanischen Hauptstadt eintrafen. Der Konvoi konnte nicht die ganze Fahrt über zusammenbleiben. „Wir hatten vorher einen Sammelpunkt vor der Grenze nach Jordanien ausgemacht“, erzählt einer von ihnen. „Über die Grenze fuhren wir dann Stoßstange an Stoßstange, damit niemand verlorengeht.“ An der Grenzstation herrsche ein unglaubliches Gedränge. Ägyptische und andere arabische Gastarbeiter aus dem Kuwait kommen zu Fuß mit ihrer geringen Habe auf dem Kopf. Verlegen lächelnd meint eine Frau: „Diesmal war es ausnahmsweise mal ein Vorteil, aus einem östlichen Land zu kommen.“

Für die Polen mit ihrer chronischen Devisenknappheit waren die Arbeitsverträge mit kuwaitischen Firmen eine gute Gelegenheit, sich etwas Kapital für ein besseres Leben im eigenen Land zu verdienen. Die Sorge um ihr Hab und Gut ist der Grund, warum etwa 300 Polen zunächst noch in Kuwait bleiben wollen. Nach der jüngsten Entwicklung schließen sie sich vielleicht doch noch dem nächsten Konvoi an, der vermutlich am heutigen Montag Kuwait verlassen soll. Von den 3.000 Polen im Irak wollen nach Informationen des Außenministeriums bisher nur 300 so schnell wie möglich zurück.

wps/dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen