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■ Das Sfinxtheater spielt Fassbinders "Blut am Hals der Katze"

Sfinxtheater, kommunikationsgestört Foto: Marcus Lieberenz

Rainer Werner Fassbinder und sein „antitheater“ gaben niemals Anlaß zu der Befürchtung, irgendwann ein Monument der Theatergeschichte zu werden. Seine Stücke und Klassiker-Bearbeitungen machten zwar Furore, galten aber stets als unfertige, dilettantische Versuchsdramen und wurden ausschließlich als Vorarbeiten für die Filmfassungen gewürdigt. Mit dieser Ignoranz gegenüber dem Theatermacher Fassbinder ist es in Berlin seit einigen Jahren vorbei. Man spielt ihn wieder, vorwiegend auf Kellerbühnen, wo er auch hingehört, aber leider werkgetreu als einen verstaubten Klassiker.

Fassbinders Willkür und Unbedenklichkeit im Umgang mit szenischen Mitteln die Treue zu halten heißt aber, seine Texte zu zerstückeln und wieder neu zusammenzusetzen oder am besten umzuschreiben. Und genau diese unbefangen-lebendige Art des „Fassbinderns“ praktiziert neuerdings das Sfinxtheater. Das noch sehr junge, ursprünglich aus Leipzig stammende Ensemble spielt „Blut am Hals der Katze“ (von 1971). Die Hauptrolle übernimmt hier „Phoebe Zeit-Geist“, eine weibliche Comicfigur, die Anfang der siebziger Jahre in der linken Szene mindestens so beliebt war wie Dagobert Duck. Trotz dieser ins Groteske gehenden Vorgaben wirkt das Stück heute eher langweilig. Die Serie kurzer Dialoge, die zwischen neun Gästen einer Party geführt werden, ist in ihrer Zusammenhanglosigkeit schnell ermüdend. Zumal, wenn diese Momentaufnahmen von der alltäglichen Brutalität zwischen den Menschen didaktisch aufbereitet werden: „In der Unterwerfung liegt das Glück der Frau.“ Auf dergleichen Plattitüden hat die Inszenierung von Gundula Weimann verzichtet, sie hat alle langatmigen Wortpassagen szenisch aufgelöst und dem Stück dramaturgisch eine schöne Zuspitzung gegeben. So bleibt es nicht bei einem Panorama von Kommunikationsstörungen, sondern mehr und mehr entwickelt sich aus diesem Wechselspiel von Begierden und müder Depression die Bereitschaft zu Gewalt und Terror. Ein Mord soll am Ende aus den klaustrophobischen Verhältnissen herausführen. Vergeblich, denn das Opfer ist Phoebe Zeit-Geist selbst, das Symbol jener Projektionsfiguren aus Comic, Fernsehen oder Gameboy, die unsere Gewaltphantasien in Atem halten. Matthias Schad

Heute bis 31.1. und 3.–7.2. im Theater Zerbrochene Fenster, Fidicinstraße 3 (Eingang Schwiebusser Straße 16).

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