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SanssouciVorschlag

■ Lars von Triers „The Element of Crime“

Zwei Monate ist es her, daß der Polizist Fisher (Michael Elphick) eine geheimnisumwobene Mordserie aufgeklärt hat. Seitdem ist er nicht mehr der Alte. Fiebernd und meschugge setzt er sich dem Säuseln eines Therapeuten aus, um durch Hypnose zurück ins Leben zu kommen. Eine Reise in die Vergangenheit beginnt. Dort angekommen, greift er seinen phlegmatischen Kollegen bei der Suche nach einem begabten Frauenkiller unter die Arme. Vier verstümmelte Lottofeen, die in vier verschiedenen Städten geborgen werden. Verbindungslinien zwischen Tatorten ergeben ein Quadrat. Morden nach Zahlen, der Übeltäter mag's symmetrisch. Fisher und seine Gesellen knobeln um die Wette. Und nicht nur sein Gehirn fischt jetzt im trüben. Auch Tonmann Thomas Gislason angelt mit seinem Mikro in rülpsenden Kloaken. Die Kamera schwelgt in blutunterlaufenen Endzeitszenarios und schimmelgrünen Abwässer-Lagunen. Alles taumelt, rotiert wie Essensreste im ablaufenden Spülwasser. Fisher, der lakonische Steppenwolf, ist so brachial wie Dirty Harry und so künstlich ungepflegt wie Marlowe. Doch die Fäkalien-Pampe um ihn herum widert ihn auch nicht mehr an als sein eigenes Spiegelbild. Die Städte, in denen er fahndet, sind durch ständigen Schneeregen aufgeweicht und scheinen sich langsam aufzulösen. Fisher lernt eine Prostituierte kennen, vielleicht auch lieben. Doch auch die Gefallene läßt die Sonne nicht in die verrosteten Industrieanlagen oder die zahnsteinfarbenen Abstiegen scheinen. Daß auch sie unters Messer kommt, ändert nicht mehr viel.

Trotzdem das Whodunit gleich am Anfang abgehakt wird, klebt Lars von Trier 104 Minuten lang an der Erzählstruktur klassischer Detektivgeschichten. Nach dem Vorbild der schwarzen Serie fehlt auch hier an keiner Decke ein vergilbter Ventilator, der den ganzen Mief den Fahndern ins Gesicht quirlt. Birgit Glombitza

„The Element of Crime“, heute um 20.30 Uhr im Camera, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56.

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