Sanssouci: Vorschlag
■ Mondrian in Japan - Krimi-Lesung im Buchladen Ringelnatz
Die gute Form Foto: K. Wójcik
„Vieles ist in Japan kleiner als anderswo. Es gibt Restauraunts mit 24 Sitzplätzen auf der Grundfläche dreier Telefonzellen, hundertjährige Eichen von 18 cm Höhe. Größer als andernorts auf der Welt sind die Küchenschaben. Das Insekt zu Esbecks Füßen hatte die Ausmaße einer Feldmaus. Er tat geistesabwesend, was man nie tun durfte bei Schaben dieser Größe: Er warf! Duden Band 1 – und traf.“ Der Duden, ein Nachschlagewerk für den täglichen Gebrauch. Der Autor dieser Insektenvernichtung, Jürgen Ebertowski, war einige Jahre Dozent am Deutschen Goethe-Institut in Japan. Wen wundert's, bei diesem Wurfgeschoß. Anfang der achtziger Jahre kehrte er nach Berlin zurück, arbeitete an der Hochschule der Künste als Dozent für Bewegung und gründete anschließend eine Aikidoschule in Kreuzberg. Sein Krimi „Esbeck und Mondrian“ ist glücklicherweise kein verquastes Aussteigerwerk nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel. Die Hauptfigur, der Deutsche Klaus Esbeck, absolviert zwar sein tägliches Aikido-Training mit Verve, doch Ebertowski findet jenseits dieser Gewohnheit zu einem guten, spannenden Plot.
In der Geschichte geht es um einen Kunstdiebstahl. Objekt der Begierde ist das Bild „Wald bei Oele“ von Piet Mondrian. Der niederländische Maler steht mit seinen Quadraten, durchzogen mit roten, gelben, blauen Strichen und Flächen für die schlichte, klare Form, die meditative Seite der asiatischen Welt. Japan und Mondrian: Wie Reispapierwände mit farbigen Querrahmen kann man sich das vorstellen. Als äußerst kunstverständig erweist sich der japanische Boß einer Geldwäscherfirma. Einen originalen Mondrian will er besitzen, koste es, was es wolle. In dieses böse Ansinnen verwickelt werden Klaus Esbeck und der Hobbymaler Shibata-san. Der ältere Herr im Ruhestand beschäftigt sich mit der Anfertigung von Mondrian-Kopien. Esbeck, der als Übersetzer für Deutsch und Niederländisch arbeitet, möchte nicht wie sein Vorgänger enden: als „Fliegender Holländer“, Landeplatz: eine abgelegene Schlucht.
Ebertowskis Buch verzichtet aufs angenehmste darauf, asiatische Klischees zu dreschen, auch wenn die Krimi-Bösen so schlitzäugig gemein sind wie nur irgend geht. Lust bekommt man auf steingebackene Kartoffeln im Straßenverkauf, auf Reisbällchen oder eine Zugfahrt nach Tokio. Die Qualität liegt in den mit leichter Hand beschriebenen japanischen Alltäglichkeiten. Wenn es doch nur das Böse nicht gäbe! Caroline Roeder
Jürgen Ebertowski: „Esbeck und Mondrian“, édition trèves, 180 S., 19,80 DM. Lesung heute um 20 Uhr: Buchhandlung Ringelnatz, Zossener Straße 15, Kreuzberg.
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