Sanssouci: Vorschlag
■ „Schauplatz Museum“ steht ganz im Zeichen von Liebe und Tod
Pestreigen aus dem 15. Jahrhundert Abbildung: Veranstalter
Nicht erst Sigmund Freud entdeckte, daß Eros und Thanatos ein lustvoll-morbides Paar sind. Als der Psychoanalytiker über die Seufzer der fleischlichen Begierde schrieb, die immer auch den Hauch des Todes atmen, schloß er sich einem Reigen an, der sich durch die ganze Kulturgeschichte zieht. Totemdarstellungen früher Naturvölker oder Pestszenarien des späten Mittelalters – die unheimliche Nähe von Liebe und Tod mußte immer wieder in Holz geschnitzt oder auf Leinwand gemalt werden, um sie erträglich zu machen. Das Ringen mit den beiden existentiellsten Erfahrungen will die Veranstaltungsreihe „Schauplatz Museum“ diesmal in Szene setzen. Vom 12. bis zum 28. Januar gibt es in 20 Museen Erotisches und Morbides in allen Spielarten zu sehen, begleitet von Schauspielern, Tänzern, Musikern und Künstlern.
Ausgangspunkt der Reihe, die bereits zum neunten Mal vom Museumspädagogischen Dienst veranstaltet wird, ist ein Mysterienspiel um ein zart-grausames Fresko aus der Marienkirche. Die im 15. Jahrhundert entstandene Wandmalerei zeigt Fürsten, Geistliche und Bürger gemeinsam mit Tod und Teufel. Hand in Hand tanzend wappnen sie sich und die Betrachter gegen den plötzlichen Einzug des schwarzen Todes – eine bunte Choreographie des Sterbens. Das verblaßte Fresko wird in einer aufgefrischten Projektion Gegenstand des von Isabella Mamatis inszenierten Mysterienspiels „Totentanz und Liebesreigen“ in der Nicolaikirche am 12. und 13. Januar.
„Schauplatz Museum“ vereinigt viele Einzelprojekte aus unterschiedlichen Sparten, die jeweils nur ein- oder zweimal aufgeführt werden. Da in diesem Jahr bereits lange vorab Karten bestellt werden konnten, sind Highlights wie die Lesung von Otto Sander und Tina Engel im Pergamon-Museum zu „Nacktheit und Scham in der Antike“ bereits ausverkauft. Ihre Kollegen Corinna Harfouch und Vadim Glowna begeben sich am 24. Januar in der Alten Nationalgalerie auf die nicht immer lustvolle Suche nach dem idealen Liebhaber und befragen den erotischen Literaturkanon nach Geheimrezepten, Protokollen wilder Bettgefechte und Beschreibungen der Liebesmechanik. An diesem Sonntag eröffnet im Georg-Kolbe-Museum eine Ausstellung mit Frauenfiguren des französischen Bildhauers Aristide Maillos. Zeichnungen, Buchillustrationen und Gemälde ergänzen das Bild des Künstlers und weisen über die strengen und klaren Frauenskulpturen hinaus. Eine Woche nach der Eröffnung findet eine Führung durch die Ausstellung statt. Kolja Mensing
Programm und Informationen unter Telefon 283 97 413
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