Sanssouci: Vorschlag
■ Neues von Phil und Lillian Mousli. Party heute im Roten Salon
Aus „Liebe in Zeiten der Drachen“ Abb.: Jochen Enterprises
Wer bei „always ultra“ immer noch an Unterwäsche, Körperflüssigkeiten und übertriebene Hygiene denkt, sollte sich schleunigst in der Berliner Comicszene umschauen. Dort nämlich findet sich die Antwort auf den Slipeinlagenwahn: Phils gleichnamiges Comicheft, das vor kurzem – gegen die Gepflogenheiten des Berliner Zeichners – einen Fortsetzungsband bekam. „Always Ultra 2“ versammelt einzelne Cartoons, diverse kurze Bilderfolgen und einen epischen Versuch, der frei assoziierend vom Schweinehirten Iwan über die Hölle in russische Märchenwelten führt. Phil bleibt seinem krakeligen Zeichenstil, seinen runzelnasigen Figuren und seinen holprigen Reimen treu. Oft beziehen seine Comics ihre Komik gerade daraus, daß Phil nicht auf eine Pointe hinzeichnet – etwa wenn er Michael Jacksons Double zum Tanzen auf den Mond schickt oder Punker Schmitt und Punker Huber mit einer Techno-Queen zusammenstoßen läßt. Schade nur, daß man einiges aus „Always Ultra 2“ schon in der zitty gesehen hat.
Während Handlungsfäden bei Phil oft ausfransen oder gleich ganz abgeschnitten werden, liefert Lillian Mousli mit ihrem vierten Heft, „Liebe in Zeiten der Drachen“, ein durchkomponiertes Märchen – kriminelle Verwicklung und dreifach glückliches Ende inbegriffen. Ein junger Drache wird entführt, in San Franciscos schummriger Hafengegend geschieht ein Mord, Pippi Langstrumpf bewährt sich als Kung-Fu-Kämpferin, und dank einer spektakulären Rettungsaktion löst sich schließlich alles in Wohlgefallen auf. Ein wenig auf Kosten des abgründigen Humors, den Mousli in früheren Arbeiten wie „Moron der Schwachsinnige“ oder „Teufel“ pflegte.
Phil und Mousli laden heute abend zu einer Signierstunde mit anschließender Party in den Roten Salon der Volksbühne. Als Eintrittskarte wird eine kleine Gemeinschaftsproduktion der beiden Zeichner gereicht, für die Bühnendekoration ist Mousli verantwortlich, und für die Musik sorgen die Gogomaniacs, ein Berliner Damentrio, das, wie man bei Jochen Enterprises verrät, in der Britpop-Strömung schwimmt. Daneben will Phil zeigen, daß sich seine Begabung nicht aufs Zeichnen beschränkt. Mit Auszügen aus seiner Stand-up-Comedy-Show wird er sich als Alleinunterhalter versuchen. Cristina Nord
Heute, 21 Uhr, Roter Salon in der Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte. Beide Comics bei Jochen Enterprises
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