Sanssouci: Vorschlag
■ Aktionswoche der FilmwissenschaftlerInnen an der FU
Während die BiologInnen der Stadt stundenlang protestierend U-Bahn fahren, der Germanistikprofessor Horst Denkler auf dem Alex fröstelnd seine Vorlesung „Literarische Richtungen vom Frührealismus bis in die Gegenwart“ abhält und eine kleine interdisziplinäre Gruppe immer aufs neue den Ernst-Reuter-Platz blockiert, laden die FilmwissenschaftlerInnen der Freien Universität zu einer Pressekonferenz. Der professionelle Umgang mit den Medien ist hier prüfungsrelevant. Und außerdem geht es nicht um die Abwendung von Studiengebühren im Allgemeinen oder den Bestand einer Bibliothek im Besonderen, sondern es droht die Abwicklung des gesamten Studienganges.
Die Filmwissenschaft ist an der FU als Schwerpunktstudiengang bei den Theaterwissenschaftlern untergebracht, die selbst die „Neger des universitären Betriebs“ seien, wie es der Theaterwissenschaftsprofessor Arno Paul zuspitzt. Konflikte und Kompetenzgerangel gibt es seit jeher also genug, doch seit dem Tod Karsten Wittes, der die einzige Filmprofessorenstelle der FU so engagiert besetzte, ist die Professur vakant und – soll es nach dem Willen des Präsidialamtes – auch bleiben. Vor drei Monaten hatten StudentInnen des bedrohten Studiengangs auf der Berlinale unter dem Motto „100 Jahre Film sind genug“ auf das drohende Aus hingewiesen. Daraufhin trafen zwar Solidaritätsadressen aus aller Welt ein, doch bei den zuständigen Stellen in Berlin stieß man auf taube Ohren. Der Senat erklärte sich für nicht zuständig, das Präsidialamt für nicht fähig, die Filmwissenschaft an der FU langfristig zu erhalten.
Um den Druck auf die Verantwortlichen noch einmal zu verstärken, haben die Studierenden jetzt eine Aktionswoche organisiert, mit täglichem Programm von 10 bis 24 Uhr und zahlreichen Gästen. So wird heute abend um 19.30 Uhr Ulrike Ottinger zu einem Werkstattgespräch zu ihrem Film „China. Die Künste – Der Alltag“ erscheinen, der im Anschluß daran auch zu sehen sein wird. Am Donnerstag um 15 Uhr wird der letzte ordentliche Berliner Professor für Filmwissenschaft, Wolfgang Mühl-Benninghaus von der Humboldt-Universität (hier ist die Filmwissenschaft der Literaturwissenschaft zugeordnet), einen Vortrag über „Medienumbrüche in den 10er und 20er Jahren“ halten. Im Anschluß daran wird er mit Lothar Bisky („eingeladen nicht als PDS-Politiker, sondern als ehemaliger Leiter der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg“) und anderen über „Konzepte der theoretischen und praktischen Filmausbildung in Berlin“ diskutieren. Und um 21 Uhr lädt dann Rosa von Praunheim zu einem Werkstattgespräch ein. 43 Vorträge und Diskussionsforen stehen auf dem Programm, das Freitag nacht nach der Vorführung von Buster Keatons „Sherlock, Jr.“ mit einer Screwball- Comedy- und Splatter-night endet. Volker Weidermann
Alles im Institut für Theaterwissenschaft, Mecklenburgische Str. 56. Aktuelles Programm unter Tel.-Nr.: 82 40 01 33.
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