Vor Präsidiumssitzung des DFB: Neues vom Intrigantenstadl

In der Verbandszentrale des DFB tobt ein Machtkampf: Der alte Apparat hat sich gegen Neu-Präsident Fritz Keller verschworen und sticht Interna durch.

DFB-Präsident Fritz Keller alleine auf einer Tribüne

Fritz Keller schaut sich das 3:3 der DFB-Elf gegen die Schweiz im Oktober in Köln an Foto: Perenyi/imago

„The Thick of it“ heißt eine preisgekrönte englische Fernsehserie der BBC, in der sich die Politiker im Gestrüpp von Intrigen und Peinlichkeiten verstricken. Der deutsche Titel von „The Thick of it“ lautete „Intrigantenstadl“, und an einem Remake arbeitet gerade der Deutsche Fußball-Bund (DFB).

Immer offensichtlicher wird, dass dem mit vielen Vorschusslorbeeren empfangenen Präsidenten Fritz Keller vor der Präsidiumssitzung am heutigen Freitag der eigene Laden entgleitet. Dass der 63-Jährige erst bei Joachim Löw persönlich, dann noch bei den Präsidiumskollegen vorgefühlt haben soll, ob der bis 2022 laufende Vertrag des Bundestrainers auf den EM-Sommer 2021 datiert werden kann, ist fast schon naiv. Löw soll brüsk abgelehnt haben. Der Spiegel berichtet sogar, Löw hätte seinen Vorgesetzten „im Zuge der Debatte massiv angegriffen“.

Dass derlei Interna aus der DFB-Zentrale im Frankfurter Stadtwald in Windeseile öffentlich werden, sagt viel aus. Viele Angestellte empfinden die Situation als bedrückend. Statt sich etwa um die Herausforderungen in Coronazeiten zu kümmern, ginge es vor allem um persönliche Eitelkeiten.

Fritz Keller, der in Baden als Winzer, Weinhändler, Gastronom und Hotelier wirkt, hat aber nicht nur mit beschnittenen Kompetenzen zu kämpfen – eine Lehre aus der desaströsen Präsidentschaft seines Vorgängers Reinhard Grindel –, Kellers oft aufbrausende Art und sein fehlendes Netzwerk seien ebenso hinderlich wie ein ungeschickter Aktionismus, heißt es.

Und es gibt gewichtige Gegenspieler: Der nach einem häuslichen Leitersturz weiterhin krankgeschriebene Generalsekretärs Friedrich Curtius beharrt darauf, nicht an einer vorzeitigen Löw-Ablösung mitgewirkt zu haben. Dass Curtius und wohl auch Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge nicht traurig wären, wenn Keller sich wieder ganz in den Kaiserstuhl zurückzöge, gilt in der DFB-Zentrale als Fakt.

Ein Präsident ohne Hausmacht

Er sei mit einer Zwischenbilanz nach einem Jahr selbst unzufrieden, räumte Keller kürzlich ein.

Der DFB verliert rapide an Ansehen, der Präsident an Hausmacht, sodass sich eigentlich die Präsidiumsrunde am Freitag mit der grundsätzlichen Frage auseinandersetzen müsste, wer den Verband mit seinen mehr als sieben Millionen Mitgliedern wohin führt. Mit Keller und Curtius bekämpfen sich die zwei wichtigsten Figuren in völligem Misstrauen.

Generalsekretär Curtius und Vizepräsident Rainer Koch wollen Kellers Rückzug

Am ehesten fand Keller bislang Rückhalt in der Liga, die jedoch über seinen Alleingang in der Causa Löw irritiert sein dürfte. Kritisch wird auch die von Keller gewollte Medienchefin Mirjam Berle gesehen, die am 1. Oktober die Direktion „Öffentlichkeit und Fans“ übernahm.

Die vom US-Reifenhersteller Goodyear gekommene Kommunikationsexpertin verfasste übrigens jene sonderliche Pressemitteilung, in der Löw die „zeitliche und emotionale Distanz“ nahe gelegt wurde, um die „eigene große Enttäuschung“ zu verarbeiten. Derart distanzierte Verlautbarungen hatte es in der Vergangenheit nicht gegeben. Die Quereinsteigerin findet aus verschiedenen Gründen – Pandemie, Steuerrazzia, Löw-Debatte – allerschlechteste Voraussetzungen für ihre ersten 100 Arbeitstage vor.

Nun soll Bierhoff sprechen

Beliebter hat sich die 46-Jährige am Mittwoch nicht gemacht, als bei einer virtuellen Pressekonferenz mit dem Präsidenten zum Amateurfußball jegliche Nachfragen zu den aktuellen Brennpunkten untersagt wurden.

Immerhin hat der Verband erkannt, dass es an der Zeit wäre, sich öffentlich zu äußern: Nach der Präsidiumssitzung will Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff am Freitag endlich Rede und Antwort stehen.

Dabei hat der langjährige Weggefährte des Bundestrainers eigentlich eine Doppelrolle, die ihn als befangenen Ansprechpartner ausweist: Auf der einen Seite hat der DFB-Direktor so manche (Fehl-)Entwicklung der Nationalmannschaft selbst mitgesteuert, auf der anderen Seite vertritt der 52-Jährige als Verantwortlicher für die Akademie das wichtigste Zukunftsprojekt des Verbandes.

Keller bleibt auch da erneut außen vor. Was sagte der Gastronom vom Kaiserstuhl bereits am Mittwoch ganz nonchalant am Ende in der digitalen Fragerunde: „Falls wir uns nicht mehr sehen – Frohe Weihnachten!“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.