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Archiv-Artikel

Voodoo-Ökonomie im Kanzleramt

betr.: Abschaffung des 3. Oktobers als arbeitsfreier Tag.

Eigentlich konnte man hoffen, dass mit den sinn- und erfolglosen Versuchen, die Wirtschaft durch Senkung der Arbeitslosenbezüge anzukurbeln, der Reformrausch des Jahres 2004 der kühlen Ernüchterung gewichen wäre. Es gab ja ein paar hoffnungsvolle Andeutungen, dass das geschundene Wahlvolk für den Rest der Legislaturperiode von weiteren Schröpfungsoperationen verschont bleiben sollte. Doch alle Achtung, die Regierung bleibt am Ball: jetzt sollte der 3. Oktober vom arbeitsfreien Feiertag wieder in einen grauen Arbeitsalltag zurückverwandelt werden!

Es ist sicher richtig, dass 15 Jahre nach dem Fall der Mauer nicht jedem Bürger dieses Landes am „Tag der deutschen Einheit“ zum Feiern zumute ist. Es sei auch dahingestellt, ob mit der Abschaffung des gesetzlichen Feiertags das Eingeständnis verbunden ist, dass die Wiedervereinigung gescheitert ist. Aber welche wirtschaftlichen Auswirkungen hätte denn eine solche zusätzliche Aufbauschicht?

Die Kaufkraft des Volkes steigt nicht, denn bezahlt war der Tag auch jetzt schon. Die Nachfrage wird also nicht angekurbelt. Dafür werden aber einen Tag lang zusätzliche Waren produziert. Brauchen wir die? Leidet unsere Wirtschaft daran, dass wir eine Mangelwirtschaft haben, die den Bedarf nicht deckt? Ganz sicher nicht. Mehr Produktion bei fehlender Nachfrage verstärkt eher die Krise. Wenn die Bundesregierung der Staatskasse und der Konjunktur etwas Gutes tun will, kann sie ja beschließen, dass an Feiertagen der doppelte Lohn gezahlt werden muss! Das belebt das Geschäft und man kann sich wieder so richtig auf den Feiertag freuen!

HERMANN VON SCHUCKMANN1. Bevollmächtigter IG Metall Ludwigsfelde

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