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Archiv-Artikel

Von wegen Notwehr

Oberlandesgericht gibt Tim Koehne recht: Polizisten müssen vor Gericht erklären, warum der Student Silvester vor drei Jahren schwer verletzt die Wache verließ

Von eib

taz ■ „Ich habe wieder Hoffnung geschöpft“, sagt der Student Tim Koehne, der vor drei Jahren nach einer Silvesterfeier schwer verletzt aus dem Polizeigewahrsam entlassen wurde. Seitdem wartet er darauf, dass der Fall aufgeklärt wird und die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden. Bisher umsonst. Ein Strafverfahren gegen die Polizisten wurde eingestellt und auch das Zivilverfahren drohte im Sande zu verlaufen.

Doch jetzt hat das Oberlandesgericht das Landgericht Bremen dazu verdonnert, Tim Koehne Prozesskostenhilfe zu gewähren und außerdem die Beweisaufnahme zu eröffnen. Das heißt, dass die Beamten, die für Koehnes Platzwunden, Blutergüsse, Knochenrisse und Würgemale verantwortlich sein sollen, vor Gericht erklären müssen, wie es dazu kommen konnte.

Koehnes Anwalt Helge Bleischwitz geht davon aus, dass die Beweisaufnahme innerhalb der nächsten zwei Monate stattfinden wird. Bleischwitz: „Aus meiner Sicht wird es für die Polizisten ausgesprochen schwer, nachzuweisen, dass sie in Notwehr gehandelt haben.“

Schließlich seien die Polizisten deutlich in der Überzahl gewesen. Außerdem sei sein Mandant nicht nur schmächtig, sondern zum Zeitpunkt der Ereignisse auch betrunken gewesen. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass der damals 21-Jährige die Polizisten ernsthaft bedrohen konnte, so Bleischwitz, der Tim Koehne seit einem Dreivierteljahr als Anwalt vertritt.

Die Schadenersatzforderung beträgt nach Angaben des Anwalts 12.000 Euro. Doch die psychischen Schäden, die Tim Koehne in der Silvesternacht 1999/2000 erlitten hat, kann das wohl nicht aufwiegen.

Er habe immer noch Angstzustände, sagt Koehne. Und: „Es wäre schön, wenn ich endlich Recht bekomme und die Polizei zugeben muss, dass ich nicht gelogen habe.“ eib