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INTERVIEWVon der Wilhelm-Pieck - zur Ernst-Lubitsch-Straße

■ Eine Rundfrage-Aktion der taz zur Umbenennungsaktion einer Berliner Straße / Teil 1: Daniela Guhr, Ausstellungsleiterin in Prenzlauer Berg, zur möglichen Lubitsch-Straße

taz: Frau Guhr, Sie haben im Heimatmuseum Prenzlauer Berg die Ausstellung »Mit der Geschichte leben« über den Kampf um die Straßenschilder organisiert. Was halten Sie davon, die Wilhelm-Pieck-Straße in Ernst-Lubitsch-Straße umzubenennen?

Daniela Guhr: Ehrlich gesagt, nicht besonders viel. Das ist glücklicherweise eine der wenigen Straßen, die bis jetzt noch ihren »DDR-Namen« tragen. Direkt ein Glücksfall.

Ein Glücksfall? Die unendliche Geschichte um die Straßennamen erhitzt ja vor allem in Zeiten des Wandels die Gemüter. Wie erklären Sie jemandem, der mit der politischen Idee, die hinter Piecks Namen steht, Ihre Position, die Position, die hinter Ihrer Ausstellung steht?

Wir bemühen uns in erster Linie, den erhitzten Gemütern sachliche Informationen zu liefern. Informationen einerseits über die diversen Versuche der Geschichtsklitterung, die je nach herrschender Ideologie Straßen und Plätze hier im Prenzlauer Berg in »neuem Gewande« präsentiert hat; andererseits informieren wir über die Personen, die hinter den Namen stehen. Natürlich steht aber hinter dieser Ausstellung die Idee, die DDR-Vergangenheit nicht samt und sonders zum Sondermüll degradieren zu lassen. Unabhängig von der politischen Überzeugung einzelner geht es einfach um ein Stück deutsche Geschichte, die erhalten werden muß. Im Westteil ist Konrad Adenauer ja auch richtig am Platze, egal was einzelne von ihm halten mögen.

Welche Namen sollten also nach Ihrer Ansicht unbedingt bleiben?

Bleiben sollten Namen, die dem Gedenken an Antifaschisten gewidmet sind. Aber all unsere bisherigen Bemühungen waren umsonst. Die Antifaschisten John Schehr und Artur Becker sind, wie viele andere, schon ihrer Straßen beraubt.

Also keine Chancen für Ernst Lubitsch?

Ganz und gar nicht. Ich finde es eine großartige Idee. Regisseure und Schauspieler, genauso wie Künstler kommen neben Flora, Fauna und Lokalitäten ohnehin viel zu kurz. Wir versuchen derzeit ja, ein Künstler-Gedenktafeln-Programm ins Leben zu rufen. Wenn es denn keine Straße für den Regisseur gibt, sollte unbedingt eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus angebracht werden. Das ist eine Initiative unabhängig von der Bezirksverordnetenversammlung und wird vom Kunstamt Prenzlauer Berg organisiert. Das heißt, Bürger können sich mit ihren Vorschlägen direkt an dieses Amt (Dimitroffstraße 101, O-1055 Berlin) wenden. Die Fragen stellte Petra Brändle

Die Ausstellung »Mit der Geschichte leben« in der Prenzlauer Allee 64 wurde verlängert und ist Di.- Fr. 11 bis 17, So. 13-18 Uhr geöffnet.

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