Absturz Viele Wochenenden lang hat der Schotte Dougie Wallace in der britischen Küstenstadt Blackpool Partyvolk fotografiert: Von der Schönheit des Rinnsteins
Junge Frauen, als Politessen verkleidet. Perücken. Hasenohren. Tarnfleck. Und Alkohol, viel Alkohol. Es ist ein Küstenort im Nordwesten Englands, dereinst erholten sich Familien der wohlhabenden britischen Mittelschicht hier an der Promenade. Nun liegt die Arbeitlosenrate bei 17 Prozent, nirgendwo in Großbritannien sterben die Menschen im Durchschnitt so jung, die Hälfte der Bevölkerung raucht. Und am Wochenende kommen die Stags, die Hens, die Bunnies nach Blackpool – die Hirsche, die Hennen, die Häschen. Sie feiern bevorstehende Hochzeiten, Junggesellinnenabschiede, die Hen Nights, und Junggesellenabschiede, die Stag Nights. Sie feiern Scheidung, ihren Schulabschluss. Ein Billigflieger hat sie gebracht oder ein Bus.
Es scheint ein Ort ohne Scham zu sein, dieses wochenendliche Blackpool bei Nacht, ein Karneval, den der Fotograf Dougie Wallace seit Jahren beobachtet. Wallace, 42, Schotte in London, Autodidakt, kommt immer wieder an den Küstenort. In den Achtzigern hatte er ein paar Jahre lang in Blackpool gelebt. Nun dokumentiert er hier den Absturz, die Leerstelle zwischen Alltag und Alltag, er sieht die Geschichten am Rinnstein. Fast zärtlich, niemals wertend ist sein Blick. Ein Straßenfotograf ist Wallace, in der Tradition einer Diane Arbus, eines Lee Friedlander, einer Helen Levitt. Er treibt sich herum, er hält die Straße aus, er hält die Kotze aus, die Pisse, die Genitalien, den Rausch. Er stellt dar, ohne bloßzustellen. Er drückt ab, wo andere sich abwenden. JP
Der Bildband „Stags, Hens & Bunnies“ von Dougie Wallace ist bei Dewi Lewis Media erschienen und kostet etwa 40 Euro
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