: Von der Penne geflogen
■ Senat wirft Umland-Schüler raus
Der Sparzwang treibt mittelalterliche Blüten: Den Schülern aus dem Umland will Hamburg künftig die Zugbrücke vor der Nase hochziehen. Ab dem Schuljahr 95/96 werden Hamburger Schulen Kinder aus den Nachbarländern nur noch im Einzelfall aufnehmen. Die offizielle Begründung lautet: Die räumlichen und personellen Kapazitäten seien aufgrund der wachsenden Schülerzahlen weitgehend erschöpft.
7000 sogenannte Gastschüler aus den angrenzenden Ländern besuchen derzeit öffentliche Schulen in Hamburg. Schleswig-Holstein zahlt dafür bisher keinen Pfennig, Niedersachsen neun Millionen zu wenig. Die Kosten von insgesamt 45 Millionen Mark will der Hamburger Senat nicht länger tragen. Mit dem gestrigen Beschluß geht der Senat - in Zeiten der regionalen Vernetzung - auf Abschottungs- und Konfrontationskurs.
Den gegenseitigen Schulbesuch regelt ein Gastabkommen aus dem Jahr 1963. Danach konnten Gastschüler in Hamburg lernen, wenn das Schulformangebot im Umland mangelhaft war, Geschwister schon auf eine hamburgische Schule gingen oder die Eltern in der Hansestadt unterrichteten. All diese Aufnahmekriterien entfallen künftig.
Verhandlungen waren bislang erfolglos, berichtete Schulsenatorin Rosemarie Raab gestern in der Landespressekonferenz. Also zog sie nun die aus ihrer Sicht unumgänglichen Konsequenzen: Wer nicht zahlt, muß draußen bleiben. Da hilft künftig auch der Trick nicht mehr, schulpflichtige Kinder bei der Tante oder Großmutter in der Stadt anzumelden, denn ein neues Meldegesetz erkennt jetzt nur noch den elterlichen Wohnsitz an. Weil das bis dato möglich war, rechnet Schulsenatorin Raab mit weit höheren Gastschülerzahlen als den offiziell bekannten. drea
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen