: Von allen Möwen verlassen
■ Der Schwede Mats Wilander schied im Achtelfinale der Australian Open gegen den US-Amerikaner Mali Vai Washington aus und darf endlich Golf spielen
Melbourne (dpa/taz) – Ein wenig überrascht sei er schon gewesen, mußte Mats Wilander zugeben, daß er sich plötzlich unter den letzten 16 der Australian Open befand. Schließlich hatte der Schwede bei seinen letzten fünf Turnierauftritten jeweils in der ersten Runde verloren. Melbourne ist jedoch ein vertrauter Ort für den 29jährigen. 1983 und 1984 hatte er hier noch auf dem Grasboden des alten Kooyong-Stadions gewonnen und 1988 schon einmal im Flinders Park. Zudem stand ihm diesmal das Glück zur Seite: „Ich hatte eine sehr gute Auslosung.“
In der dritten Runde gegen Alexander Mronz hatte der frühere Weltranglisten-Erste, den eine mehrjährige Unlust lange vom Tennisspiel fernhielt, nach einem Zweisatz-Rückstand noch in fünf Sätzen gewonnen, wobei ihm gewisse Naturelemente in Gestalt einer Möwe zu Hilfe kamen, die im fünften Satz einen Tiefflug-Angriff auf den Deutschen startete. Es war Wilanders insgesamt achtes Fünfsatz-Match bei den Australien Open und sein achter Sieg. Danach widmete er sich einer Sportart, deren praktische Anwendung noch langwieriger ist als ein durchschnittliches Wilander-Match. Er erholte sich bei der Betrachtung des Cricket-Matches Australien - Südafrika.
Im neunten Tennis-Marathon seiner Melbourne-Karriere half ihm dann aber weder das Gesetz der Serie noch seine berühmte Geduld, noch irgendein Repräsentant der australischen Vogelwelt. Gegen den Stich-Bezwinger MaliVai Washington bewies er zwar exzellente Nerven im Tie-break, war am Ende jedoch chancenlos und unterlag mit 7:6 (9:7), 2:6, 7:6 (7:3), 4:6, 1:6. Möglicherweise will er in diesem Jahr fünfzehn Turniere spielen – Wildcards werden ihm überall gern verehrt –, dies allerdings ohne allzu große Ambitionen. „Wenn ich auf den Trainingsplatz gehe, weiß ich nicht recht, was ich trainieren soll. Also trainiere ich einfach alles. Das Golfspielen macht allerdings erheblich mehr Spaß als das Trainieren.“
Dazu hat Wilander nun wieder Zeit, während Washington sich ebenso wie der Österreicher Thomas Muster, der Schwede Stefan Edberg und der US-Amerikaner Todd Martin weiter im Flinders Park plagen muß. Vorjahres-Finalist Edberg besiegte seinen Landsmann Lars Jonsson bei hochsommerlichen Temperaturen von 35 Grad souverän mit 6:4, 6:4, 6:4 und trifft nun am Mittwoch auf Muster. Der Weltranglisten-Neunte schlug den Russen Alexander Wolkow, der unter der Hitze völlig einbrach, ungefährdet mit 6:3, 6:3, 6:2. Der 23jährige Martin sicherte sich seine erstmalige Viertelfinal-Teilnahme in Melbourne durch einen 6:7 (3:7), 7:6 (7:5), 6:3, 6:3-Erfolg über den belgischen Außenseiter Xavier Daufresne. Er trifft nun auf MaliVai Washington (USA).
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