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Von Flachmooren und Trockenrasen

■ Die Öffnung der Alten Süderelbe als Ausgleich für Altenwerder: Der „Landschaftspflegerische Begleitplan“ zur Hafenerweiterung vergleicht Äpfel mit Birnen Von Heike Haarhoff

Äpfel mit Birnen verrechnen geht nicht. Seit Generationen werden Kinder bereits im Grundschulalter vor diesem Denkfehler gewarnt. Daß dieser Ökomix durchaus möglich ist, will ein „progressives Bewertungsmodell“ beweisen, das im „Landschaftspflegerischen Begleitplan“ zur geplanten Hafenerweiterung Altenwerder herangezogen wird: Es soll den durch die Hafenerweiterung bedingten „Naturwertverlust“ in Altenwerder und den Wert der ökologischen Ersatzmaßnahme – gemeint ist die seit 1992 geplante Öffnung der Alten Süderelbe als Ausgleich für das Biotop Altenwerder – beziffern. Im Klartext: Man nehme ein Biotop Altenwerder, gebe ihm 14 350 000 Punkte für bestimmte Boden-, Luft-, Erholungs-, Artenreichtum- und andere Qualitäten und verrechne es mit der „Wertsteigerung“ in Höhe von 13 910 000 Punkten, die durch das neue Biotop „Alte Süder-elbe“ entsteht.

„Abgesehen davon, daß dann quantitativ immer noch 440 000 Punkte fehlen, um einen adäquaten Ersatz für Altenwerder zu schaffen, wird durch dieses Punktesystem eine Objektivität vorgetäuscht, die es bei der Bewertung von Natur nicht geben kann“, kritisiert Heinz Peter vom BUND-Hamburg. Biotope seien höchst unterschiedlich und ließen sich nicht „allein in Zahlen ausdrücken“. Eine qualitative Bewertung sei unerläßlich. Problematisch an dem von den Staatsräten verschiedener Behörden am 28. Mai 1991 beschlossenen Bewertungsmodell sei, daß sich in einer Wertekategorie sehr unterschiedliche Ökosysteme und Biotope wiederfänden. So würden Trockenrasen und Flachmoore jeweils mit dem Punktwert 16 bemessen. Peter: „Damit erscheinen diese Biotope gegeneinander austauschbar.“

Diese willkürliche Bewertung widerstrebt auch dem Bezirksamt Harburg. In einem Entwurf aus dem Jahr 1993 für die Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren Altenwerder, der der taz vorliegt, heißt es dazu: „Unter anderem hängt der hohe Wert einiger Biotope auch von ihrem Alter ab. Diese Werte können sich erst im Laufe einer längeren natürlichen Entwicklung bilden. Aus diesen Gründen wurde bei der Bewertung der Faktoren Pflanzen und Tierwelt sowie Oberflächengewässer der Höchstwert von 32 Punkten für Wasser-, Watt- und Röhrichtflächen in der Planung Alte Süderelbe um rd. ein Drittel auf 21 Punkte verringert. Es wurde aber nicht deutlich, mit welchem Qualitätsanspruch die 21 Punkte errechnet wurden.“

Weiterer Kritikpunkt des Bezirksamts an der geplanten Ausgleichsmaßnahme: „Nicht geteilt wird auch die Einschätzung, daß durch eine Wertverbesserung auf ca. 230 ha im Raum Alte Süderelbe ein angemessener Ersatz geleistet wird für den annähernd völligen Wertverlust von 195 ha bodenrelevanter Fläche in Altenwerder.“ Diesen Einwand teilt Heinz Peter: An sich sei die Öffnung der Alten Süderelbe zu begrüßen, weil so ein tidebeeinflußter Auenwald entstehen könne. „Aber es gibt dort bereits jetzt ein hochwertiges Stillwasserbiotop. Das würde dann – abgesehen von Altenwerder – ebenfalls zerstört werden, mit dem Ziel, ein drittes, neues Biotop zu schaffen. Das wird aber frühestens in 100 Jahren seine angepriesene Qualität erreicht haben.“ Und: Allein die Steigerung der Biotop-Qualität (Qualität statt Fläche) täusche über die Tatsache hinweg, daß die Fläche, die insgesamt im Süder-elberaum für Pflanzen- und Tierwelt verfügbar sei, kleiner werde.

Die Widersprüchlichkeit wird auch im Entwurf des Bezirksamtes Harburg bemängelt: „Im Begleitplan nicht bewertet wird (...) eine wesentliche Eingriffsminimierungsmaßnahme, nämlich die Beibehaltung des Verlaufs der Alten Süderelbe an der südlichen Grenze des Hafenerweiterungsgebiets. Damit wird gegen ein in der Einleitung zum landschaftspflegerischen Begleitplan aufgestelltes Leitkriterium: 'Vermeidbare Eingriffe sind zu unterlassen' verstoßen.“

Eindringlicher Appell des Bezirksamts: In Altenwerder drohe die letzte großräumige, marschentypische Kultur-Landschaft im Süderelberaum vollständig und unersetzlich verloren zu gehen: „Dies steht nach Ansicht des Bezirksamtes Harburg in keinem Verhältnis zu den Änderungen, die mit der Öffnung der Alten Süderelbe (...) in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden.“

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