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Von Bürgerbewegten zu Bürgerlichen

■ betr.: "'Bündnis 90" in der DDR gegründet", taz vom 11.9.90

betr.: „,Bündnis 90‘ in der DDR gegründet“, taz vom 11.9.90

[...] So weit sind wir also gekommen mit unserer Revolution: Die Bürgerbewegten müssen sich als Partei konstituieren, um sich an Wahlen beteiligen und Listenverbindungsverhandlungen führen zu können. Damit tun sie doch etwas, was eigentlich und erst recht vermieden werden sollte: die Zentralisierung auf einen Vorstand, die Festlegung auf eine Satzung und ein Programm; genau das, was die Volkskammerpräsidentin braucht. Und nicht nur die.

Daß es mit der ausführlichen Berichterstattung der Massenmedien sowieso nur noch der sogenannte „harte Kern“ der Bürgerbewegungen war, der zu Worte kam, ist schon schlimm. Daß sich das imperative Mandat im Parlament nicht anwenden läßt, auch. Aber wie können sich nun „ein paar Handvoll engagierte VertreterInnen“ anmaßen, einen DDR-weiten Vorstand aufzustellen und eine Satzung plus Programm durchzudrücken, ohne das vorher mit der Basis gründlich zu diskutieren? Wo bleiben hier Basisdemokratie, Konsensmodell und Minderheitenschutz?

Was einst als Netzwerk politisch zusammenarbeitender Gruppen begann, endet nun als Partei mit einer „Handvoll engagierter VertreterInnen“ an der Spitze und etwas Fußvolk am unteren Ende. [...] Benjamin Schwigon, Welsow

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