: Vom Umgang mit Satire
■ betr.: „Verwaltungsgericht: Polit plakat ist vom Grundgesetz ge deckt“, taz vom 20.6. 97
Vielen PolitikerInnen wie ihnen ergebenen BeamtInnen fällt es offensichtlich schwer, mit Satire umgehen zu können; denn um eine satirische Meinungsäußerung handelt es sich augenscheinlich bei dem inkriminierten Wandgemälde in Kreuzberg. Der von der Internationalen Liga für Menschenrechte 1993 mit der Carl-von-Ossietzky- Medaille geehrte türkische Schriftsteller/Satiriker und Menschenrechtler Aziz Nesin definierte einmal Satire so:
„In der Türkei gibt es ein großes Wörterbuch von Muallim Naci. Er erklärt darin das Wort Satire so: Ein Mensch nimmt etwas Bitteres in den Mund. Er möchte es hinunterschlucken, aber er kann es nicht, weil es so bitter ist. Er spuckt es aus. Dieses bittere Ding, das er ausspuckt, das ist Satire. Die Erklärung ist nicht vollständig. Muallim Naci hat nicht erläutert, wo der Humorist das Bittere hinspuckt. Da Humoristen wohlerzogene Menschen sind, möchten sie weder den Fußboden noch die Straße verunreinigen. Also spucken sie es den schlechten Menschen, Volksfeinden, Kolonialisten und Diktatoren ins Gesicht.“
Die betroffenen PolitikerInnen und ihre BeamtInnen sollten öfter einmal Satiren statt Bilanzen lesen: Dann blieben der Polizei unnötige und dazu lächerliche Auftritte, der Öffentlichkeit die dadurch entstehenden Kosten erspart. Helmut Essinger,
Vizepräsident der Internationa-
len Liga für Menschenrechte
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