Vom Nutzen der SPD : Verzwickt und verschränkt
So ganz überzeugend ist das alles nicht. Zu offensichtlich sind die depressiven Schübe, welche Hamburgs Sozialdemokraten in immer kürzerer Folge heimsuchen. Ein neuer Parteichef als Muntermacher mag vielleicht einige Symptome lindern können, der Genesungsprozess jedoch wird längere Zeit beanspruchen.
Kommentarvon Sven-Michael Veit
Vor allem, weil die Partei und ihr Petersen in einer Zwickmühle stecken. Der verbalen Abgrenzung gegenüber der Berliner Politik müssten Taten folgen, um glaubwürdig zu sein. Gegen den eigenen Kanzler zu opponieren aber ist ein hochriskanter Drahtseilakt – umso mehr, als die eigene Basis durchaus wacklig ist.
Denn der neue Vorsitzende besitzt mitnichten das uneingeschränkte Vertrauen seiner Partei. Sie hat einfach den gewählt, der diesen Posten unbedingt wollte. Nicht gering ist die Gefahr, dass Bockige sich jetzt mit der Aufforderung „Nun mach du mal“ auf eine Zuschauerrolle zurückziehen: verschränkte Arme statt helfender Hände.
Der Erneuerungsprozess, den die Partei seit über zwei Jahren so beredt im Munde führt, ist noch lange nicht vollendet. Und keineswegs erschöpft er sich in noch so pointierter Opposition gegen den Senat. Die tief greifende Krise der Politik allgemein und der SPD im Besonderen hat ihre Ursache in jahrelang verschleuderter Glaubwürdigkeit.
Vertrauen wieder gewinnen kann aber nur, wer sich nicht selbst misstraut. Zu klären ist vordringlich, wofür die SPD überhaupt noch nutze ist.
Die sich davon Nutzen versprechen, kommen dann schon.