: Vom Medienzentrum zum Regierungsviertel
■ Am Spittelmarkt bauen Investoren ein Hochhaus sowie Büro- und Wohnblöcke. Standort für das Innenministerium?
Der Spittelmarkt ist auf dem Weg vom alten Zeitungsviertel zum neuen Regierungsstandort. Auf der länglichen Brache zwischen der Seydelstraße, Alten Jakobstraße und Beuthstraße planen der Investor Concordia Bau und Boden AG sowie die Projektentwicklungsgesellschaft Bilfinger + Berger ein „kleines Regierungsviertel“ inklusive Büros, Geschäften und Wohnungen. Die Bauherren seien „in Vermietungsgesprächen mit dem Bundesinnenministerium“, erklärte Frank Nürnberger, Sprecher der Investoren. Rund 30.000 Quadratmeter in Gebäuden an der Beuth- und Seydelstraße „könnten für das Ministerium maßgeschneidert werden“.
„Bestechend“ sei der Standort für das Innenministerium deshalb, wirbt Nürnberger, weil das zukünftige Außenamt und die Ministerien für Justiz und Arbeit in unmittelbarer Nähe zum Spittelmarkt einzögen. Auch „einige Botschaften aus Europa“ hätten Interesse für den Spittelmarkt gezeigt, so Nürnberger.
Dem Vorschlag für das Innenressort kommt entgegen, daß das Gebäude zum Umzugstermin 1998 bis 2000 fertiggestellt sein könnte und keine Leerstands- oder Vermietungsprobleme auftreten würden. Im Gespräch für das Kanther- Amt sind insgesamt noch vier Standorte, darunter das Gelände der früheren Bolle-Meierei im Moabiter Spreebogen.
Für das Quartier am Spittelmarkt sehen die Investoren fünf große, recht konventionelle Blöcke vor. Auf der Südseite des dreieckigen Areals sind Wohnungen vorgesehen, Geschäfte und Büros des 700 Millionen Mark teuren Projekts sollen am Spittelmarkt liegen. Eine Ausnahme im Einerlei der achtgeschossigen Blockrandbebauung bildet das Hochhaus der Architekten Hentrich, Peschnigg und Partner direkt an der Spitze zum Platz. Es soll als Merkzeichen des Ortes dessen Bedeutung signalisieren und zugleich auf die Hochhausbebauung entlang der Leipziger Straße und auf der Fischerinsel reagieren.
Die Bauvorhaben der Concordia und von Bilfinger + Berger nehmen die Pläne des Medienriesen Bertelsmann wieder auf. 1992/93 hatte der Verlag den Entwurf für ein „Internationales Medienzentrum“ (IMZ) vorgelegt. An der Stelle des einstigen Pressehauses Hermann sollte auf 55.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche Raum für Ateliers, Zeitungsredaktionen, Film- und Fernsehstudios neben Büros und Wohnungen entstehen. Bertelsmann wollte damit an die Traditionen des alten Zeitungsviertels anknüpfen und diese mit zeitgenössischen Mitteln fortschreiben.
Das IMZ sollte in „kritischer Rekonstruktion des historischen Stadtbildes“ gebaut werden, an der Spitze zum Spittelmarkt war ebenfalls ein Hochhaus mit flimmernden Videowänden und Medienfassaden vorgesehen. Doch im Jahr 1994 sprang Bertelsmann als Investor ab, weil der Konzern keine rentablen Vermarktungschancen für sein Projekt sah.
Das neue Konzept unterscheidet sich trotz großer Büro-, Geschäfts- und Ladenflächen deutlich vom Medienzentrum. „Vierzig Prozent der 120.000 Quadratmeter Gesamtfläche sind für Wohnraum reserviert“, so Nürnberger. Mit dieser veränderten Nutzungsstruktur wolle man Monotonie vermeiden. Die erste Bauphase des Projekts wird bereits realisiert. Die Wohnhäuser an der Neuen Grünstraße sowie die Verlängerung der Seydelstraße nehmen Gestalt an. Über die Hälfte der 167 Wohnungen, so Stefan Frey, Vorstandsmitglied der Concordia Bau und Boden AG, wurden schon vor Baubeginn verkauft. Rolf Lautenschläger
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