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■ QuerspalteVoll Tolerance!

Die Saubermänner der Stadt versprühen seit gestern mehr Empörung, als jede Sprayerdose es könnte. Weil ein Gericht die Graffiti an unseren Hauswänden, S-Bahnen oder öden Tunnelröhren nicht mehr automatisch als Sachbeschädigung gewertet hat, steht für den Regierenden Diepgen, den Polizeipräsidenten und sogar den Justizsenator nun der Rechtsstaat oder gar die Zukunft der Stadt auf dem Spiel. Keinen Fußbreit den Schmierfinken, keine Gnade für postmoderne Wall-Galeristen und Zerstörungskünstler. Wer unser Dorf verschönt, muß es saubermachen – notfalls per Bundesratsinitiative. Den Saubermännern geht die Sache im wahrsten Sinne des Wortes an die Substanz.

Dabei sollten sie doch froh sein. Denn nichts ist schöner als die Auflösung einer Sonderkommission „Graffiti in Berlin“. Das setzt Kräfte frei, alten Damen wieder über die Straße zu helfen. Das bringt den Waschzwang in Schuß, dem Legionen von Reinigungsfirmen verfallen sind. Das erzeugt unter den Hausbesitzern ein ganz neues Gefühl von Verantwortung für ihre Bauten und die Umwelt, wenn man am Samstag statt des Wagens die Ergeschoßzone schrubbt. Und das schafft wieder ein Berlin-Gefühl „voll Tolerance“ – alte brandenburgische Traditionen aus der Zeit der Aufklärung und des Humanismus. Warum sich also aufregen? Lieber mitsprühen, meine Herren, aber richtig! Rolf Lautenschläger Seite 28

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