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Volkspark hört die Signale

■ Der Hamburger SV singt nach fünf Jahren Heiserkeit wieder die Internationale in den Stadien Europas Von Clemens Gerlach

Die modische Brille war ein wenig verrutscht, doch Felix Magath fand auch ohne korrekt sitzende Sehhilfe in die Arme von Bernd Wehmeyer. Erst einmal wurde der Manager des HSV umarmt, dann galt es, die Spieler ausgiebig zu herzen. „Ein Tränchen war schon dabei“, sagte später der Coach des Hamburger SV, der sonst eher zu den cooleren Vertretern der Übungsleiterzunft gehört. In letzter Minute doch noch Platz 5 in der Abschlußtabelle der Fußball-Bundesliga und damit die Teilnahme-Berechtigung am UEFA-Cup erreicht zu haben, sei „ein Wunder“.

Auch Uwe Seeler konnte sein Glück kaum fassen. „Keiner hat ernsthaft an diesen Fall gedacht“, war Uns Uwe „überglücklich“ – wie auch die Spieler, die pro Nase 40 000 Mark Erfolgsprämie kassieren. In deren Namen bedankte sich Kapitän Jörg Albertz brav bei Präsidium und Trainer, der nach seinem Amtsantritt im Oktober den Jung-Nationalspieler zum Mannschaftsführer befördert hatte: „Der Erfolg ist ihr Verdienst.“

Fünf Jahre lang hatte der HSV stets einen europäischen Wettbewerb verpaßt. Doch jetzt darf der Club, der im heimischen Volksparkstadion unbesiegt blieb, wieder von großen Spielen auf internationalem Parkett träumen: Barcelona, Mailand oder Liverpool verheißen Ehre, Glanz und Geld. „Die Stadt Hamburg und der HSV brauchen einfach dieses internationale Flair“, meinte Seeler, der nun auf Millionen-Einnahmen hofft, um Verstärkungen holen zu können.

Heute abend jedoch müssen die Fans noch mit dem alten Kader vorliebnehmen, wenn ab 18 Uhr am Rothenbaum eine „Dankeschön“-Fete stattfinden wird. Die euphorisierten Anhänger werden Felix Magath mit Sicherheit hochleben lassen. Vermutlich hat der 42jährige dann bereits seine Kontaktlinsen eingesetzt – als reine Vorsichtsmaßnahme.

Spielbericht Seite 24

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