Volksbegehren Deutsche Wohnen Enteignen: Die geheime Kommission

„Mehr Demokratie“ kritisiert die Intransparenz der Enteignungskommission. Die trifft sich weiter hinter verschlossenen Türen und anonymisiert Protokolle.

Demonstrant steht mit einem Schild vor dem Roten Rathaus: "Wo bleibt dein Demokratieverständnis, Franziska?"

Der Kampf um Enteignung ist auch einer um Demokratie Foto: dpa

BERLIN taz | Am Montag und Dienstag trifft sich die Expertenkommission zur Vergesellschaftung der großen privaten Immobilienbestände zum fünften Mal. Nach einer konstituierenden Sitzung und einer öffentlichen Anhörung zum Wohnungsmarkt ist es die dritte Arbeitssitzung.

Was die zwölf Mitglieder und die Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin bei ihren nicht öffentlichen Treffen im Juni und Juli besprochen haben und was diesmal auf der Tagesordnung steht, ist allerdings nicht bekannt. Nach Aussage des Leiters der Geschäftsstelle der Kommission, André Moschke, wird das Protokoll der Juni-Sitzung jetzt erst verabschiedet. Es werde dann noch anonymisiert und „spätestens nächste Woche“ veröffentlicht.

Der Verein Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg kritisiert diese „Intransparenz“ und nimmt dafür die für die Kommission zuständigen Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung, Finanzen und Justiz in die Pflicht. Diese hielten demnach „konkrete Festlegungen des entsprechenden Senatsbeschlusses und der Geschäftsordnung der Kommission nicht ein“. Der Senat hatte festgelegt, dass die Kommission „ihre Arbeit im Grundsatz öffentlich“ gestalten soll.

Die Kommission selbst hatte dagegen für sich entschieden, in der Regel „nichtöffentlich“ zu tagen, aber „einzelne Sitzungen“ auch öffentlich zu gestalten und „regelmäßig“ Dokumente, darunter auch „Zwischenberichte über die bisher geleistete Arbeit“, zu veröffentlichen.

Soll eine öffentliche Debatte verhindert werden?

Mehr Demokratie kritisiert, dass über die Arbeit der Kommission seit April auf der überdies schwer auffindbaren Website noch nichts zu sehen ist. Laut Landesvorstandssprecherin Regine Laroche entstehe der Eindruck, dass die Senatsverwaltungen „kein ernsthaftes Interesse an der Umsetzung des eigenen Senatsbeschlusses haben“. Auch solle offenbar „eine tiefergehende öffentliche Debatte zur Umsetzung des Volksentscheids“ vermieden werden. Mit dem Votum der Ber­li­ne­r:in­nen werde umgegangen, als „handele es sich um irgendeine Randnotiz“.

Der Verein fordert die Senatsverwaltungen auf, „zu beantworten, was zu den Verzögerungen bei der Veröffentlichung führe, warum es keinen dauerhaften Livestream gebe und was die Senatsverwaltungen plane, um mehr Transparenz hierüber herzustellen“. Wie es besser geht, zeige etwa die von den Regierungsfraktionen auf Bundesebene eingesetzte Kommission zur Reform des Wahlrechts, deren Sitzungen live übertragen werden und für die sämtliche Dokumente zeitnah ins Netz gestellt werden.

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen erinnerte in einer Mitteilung am Montag dagegen daran, dass eine Entschädigung der Immobilienkonzerne unter Marktwert erfolgen solle. Vor allem mit Bezug auf das aktuell in der Krise befindliche Geschäftsmodell der Adler Group, das auf spekulativen Wertsteigerungen beruht, hieß es: „Börsennotierte Konzerne übernehmen Immobilien, blähen deren Wert in den Bilanzen künstlich auf und verschaffen sich so Kredite, die für neue Ankäufe oder Ausschüttungen an die Ak­tio­nä­r*in­nen verwendet werden.“ Pressesprecher Achim Lindemann sagte: „Vonovia, Adler & Co haben jahrzehntelang Mieten erhöht, um die Rendite ihrer Ak­tio­nä­r*in­nen zu steigern. Diese zügellose Profitgier darf nicht mit überhöhten Entschädigungszahlungen belohnt werden.“

Bei einer Podiumsdiskussion am 29. August stellt DW Enteignen zudem die Klimafrage: „Durch die öffentliche Eigentümerschaft und die Mitbestimmung von Mie­te­r*in­nen wäre es möglich, in 240.000 Berliner Wohneinheiten energetische Sanierung sinnvoll und sozial verträglich umzusetzen“, heißt es in der Ankündigung. Auch könne „klimaschädlicher Neubau von ohnehin überteuerten Mietwohnungen“ eingedämmt werden. Zugesagt haben Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und der stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Mathias Schulz.

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