: Volker Rühe bläst zum Rückzug aus Somalia
■ Streit wegen Besuchsplänen von Butros Ghali
Bonn (taz/AP/dpa) – Was hatte der Bundesverteidigungsminister noch jüngst verkündet? Der für März kommenden Jahres geplante Abzug der US-amerikanischen Truppen aus Somalia werde sich nicht auf die deutschen Blauhelme auswirken. Nun hat es sich Volker Rühe doch anders überlegt. Gestern sagte er, das deutsche Engagement könne „im nächsten Frühjahr beendet werden“. Zum gleichen Zeitpunkt wollen die USA ihre Einheiten abziehen. Die 1.700 Bundeswehrsoldaten sind logistisch von den Amerikanern in der Hauptstadt Mogadischu abhängig.
In der ZDF-Sendung „Bonn direkt“ wollte sich Rühe auf keinen Stichtag festlegen, nannte aber als ungefähren Zeitpunkt den April. Das zweite deutsche Kontingent, das im November nach Belet Huen entsandt wird, werde um 400 bis 500 Mann kleiner sein als ursprünglich geplant. Vor allem auf Transporteinheiten könne verzichtet werden. Hintergrund ist , daß die indischen Truppen – die von den Deutschen in Belet Huen versorgt werden sollten – ihre Einheiten ebenfalls drastisch reduzieren wollen.
Inzwischen hat die US-Regierung ihre Kritik an der Rolle der UNO im Somalia- Konflikt verschärft. Ein Regierungsvertreter betonte in der Nacht zum Samstag, die USA seien gegen den geplanten Besuch von UN-Generalsekretär Butros Ghali in Somalia. Sein Besuch sei „der Wiederaufnahme des politischen Dialogs zwischen den verschiedenen somalischen Clanchefs nicht dienlich“. Washington erwarte, daß Butros Ghali den Somalia- Besuch annulliere. In UN-Kreisen hieß es dazu, US-Präsident Bill Clinton wolle die Verantwortung für die Tiefschläge in Somalia den Vereinten Nationen in die Schuhe schieben, um dadurch sein angeschlagenes Image im eigenen Land wiederaufzuwerten.
Auch in Somalia gibt es Protest gegen den Besuch des UN-Generalsekretärs. Hunderte Anhänger des somalischen Clanchefs Mohammed Farah Aidid demonstrierten gestern in Mogadischu.
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