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Vogel erbarmt sich Lafontaines

■ SPD–Chef jetzt doch für Lohnverzicht bei Arbeitszeitverkürzung / Zeitpunkt der Debatte ist „unglückliches Zusammentreffen“ mit Tarifverhandlungen / Murmann freut sich über Vetter

Aus Berlin Kathrin Elsner

Der SPD–Parteichef Hans–Jochen Vogel ist gestern von seiner früheren ablehenden Haltung zu den Vorschlägen des saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine abgerückt. Die Forderungen Lafontaines nach einer Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich verdienten „Unterstützung und Beachtung“. Der Zeitpunkt der Debatte sei zwar ein „unglückliches Zusammentreffen“ mit den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst, sagte Vogel, er sei nun aber „mißtrauisch, wenn man sagt, der Mann hat recht, aber jetzt darf er es nicht sagen“. Auch in Zukunft sei es nötig, bei Arbeitszeitverkürzung geringere Lohnzuwächse zu akzeptieren. Den Gewerkschaften sicherte Vogel noch einmal die Solidarität der SPD im drohenden Arbeitskampf zu. Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann erklärte seine Seite werde sich „an die Spitze der Bewegung“ zugunsten neuer Stellen durch Verzicht auf Lohnausgleich stellen. Er bezog sich auf die Forderung des ehemaligen DGB– Vorsitzenden Vetter, der bei Arbeitszeitverkürzung von allen ArbeitnehmerInnen Lohnopfer verlangte. Gleichzeitig kritisierte Murmann den stellvertretenden DGB–Vorsitzenden Gustav Fehrenbach, der auch von den Unternehmern Gewinnverzicht zugunsten der Arbeitslosen fordert. Murmann erklärte, „wie wir letzten Endes die Erträge der Wirtschaft verteilen“, sei völlig irrelevant. Der Vorsitzende der IG Metall, Steinkühler, erklärte gestern in Frankfurt, seine Gewerkschaft bleibe bei der Forderung nach der 35–Stunden–Woche mit vollem Lohnausgleich: „Für die Kostenseite ist es völlig unbedeutsam, ob auf Arbeitszeitverkürzung ganz verzichtet wird und der Verteilungsspielraum mit Lohnausgleich genutzt und auf Lohnerhöhungen verzichtet wird.“

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