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Vietnamesische Angeklagte fürchten Racheakte

■ Erster Prozeß um Schießerei zwischen Banden der Zigarettenmafia begann

Die Angst vor Racheakten beherrschte gestern den Beginn des ersten Prozesses um die blutigen Auseinandersetzungen innerhalb der vietnamesischen Zigarettenmafia. Das Berliner Landgericht schloß bei der Aussage eines der Angeklagten die Öffentlichkeit aus, weil dieser „eine Gefährdung des Lebens“ zu befürchten habe. Er habe mit umfangreichen Aussagen während der Ermittlungen Dritte belastet, die in den illegalen Zigarettenhandel verwickelt sein könnten.

Am Nachmittag berichtete ein Kriminalbeamter, ein wichtiger Zeuge der Anklage habe ebenfalls Angst vor Repressionen der Mafia. Die 40. Große Strafkammer will sich dennoch um eine Vernehmung dieses Zeugen bemühen. Sie solle aber ebenfalls unter Ausschluß der Öffentlichkeit und strengsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden, sagte die Vorsitzende Richterin.

In dem Prozeß sind ein 23jähriger und ein 24jähriger Vietnamese des versuchten Totschlags und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wollten sie am 20. Dezember 1995 eine andere Gruppe illegaler Zigarettenhändler von den Verkaufsstellen am S-Bahnhof Treptower Park vertreiben. Die andere Gruppe erwartete die Kontrahenten. Es kam zu der Schießerei, bei der auch zwei unbeteiligte Passanten verletzt wurden. Ein Mitglied der Bande der Angeklagten war, so die Anklage, bereits von der anderen Gruppe erschossen worden. Diese Täter sind flüchtig. Der Angeklagte war bei der Auseinandersetzung selbst schwer verletzt worden. Der zweite Beschuldigte schwieg im Prozeß. Vor der Polizei hatte er nach Aussagen eines Kripobeamten erklärt, er sei durch Zufall in die Schießerei geraten. Die beiden Angeklagten verwalteten laut Anklage Standplätze von Zigarettenhändlern in Berlin und Hohen Neuendorf. Sie sollen von den Händlern monatlich zwischen 1.000 und 3.000 Mark „Steuern“ kassiert haben. dpa

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