: Viel Verkehr auf der Reeperbahn
■ Wie Hamburgs Oberbaudirektor den Bauboom auf St. Pauli gestalten will
„Neue Vorhaben dürfen nicht dazu führen, dass die Nachbarschaften negativ beeinflußt werden.“ Diesen Grundsatz verkündete Oberbaudirektor Jörn Walter gestern vor der Interessensgemeinschaft IG St.Pauli. Das bedeute vor allem: Der zusätzliche Verkehr muss über die Reeperbahn und nicht über die Wohnstraßen rollen.
Die IG hatte den Nachfolger von Egbert Kossak eingeladen, um seine Vorstellungen zur Gestaltung des möglichen Baubooms auf St. Pauli zu hören. Und der Oberbaudirektor legte stehend freihändig seine Position auseinander: Große Projekte wie die Kleine Freiheit am Nobistor und das Urban Entertainment Centre (UEC) am Millerntor stünden nicht zwangsläufig in Konkurrenz zu bestehenden Gaststätten, Diskotheken und Theatern, sondern könnten „den prominentesten Vergnügungsbereich der Republik“ bereichern.
Zu einem Neubau des Millerntorstadions könne man schwerlich nein sagen, sofern der FC St.Pauli eine Finanzierung und ein Konzept für die Randnutzung auf die Beine stelle. Falls die Messe an ihrem Standort bleibe, sei sicherzustellen, „dass das zu nachhaltigen zusätzlichen Effekten führt“.
Das Elbufer am Fischmarkt und an den Landungsbrücken dürfe keinesfalls völlig zugebaut werden. Wegen der Bedeutung der Elbsilhouette sei hier Sorgfalt gefragt. Ideen wie ein Meerespavillon könnten das Elbufer bereichern.
Schließlich die Hafencity: Sie sei nicht als Konkurrenz zum Kiez gedacht. „Der Charakter der Reeperbahn ist ein völlig anderer“, sagt Walter. Deshalb gehöre ein Kino für Kinder und Schulklassen, wie es fürs Millerntor geplant ist, in das neue Viertel.
Damit bekräftigte Walter Befürchtungen auf Seiten der IG. Ein solches Kino könne nicht ohne weiteres aus einem kostspieligen Projekt wie dem Vergnügungszentrum herausgenommen werden, ohne dessen Finanzierung zu gefährden, gab der Beiratsvorsitzende Peter Kämmerer zu bedenken.
Der vom Oberbaudirektor angesprochene Konflikt zwischen Vergnügungsmeile und Wohnviertel wurde auch am Streit um drei kleine Projekte deutlich: Bei der früheren Eisengießerei am Millerntor, die außerhalb des Vergnügungsviertels liegt, hat der Investor inzwischen offenbar auf eine große Disco verzichtet. In der Erichstraße versuchte ein Bauherr, statt Wohnungen Hotelzimmer zu bauen und diese nachträglich genehmigen zu lassen. Und an der Ecke Reeperbahn/Hamburger Berg schließlich musste ein Investor fast zwei Jahre lang auf eine Abrissgenehmigung warten, weil BezirkspolitikerInnen um Grete Kleist (SPD) versuchten, ein historisches Gebäude zu erhalten. Gernot Knödler
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