: „Verwanzte Nationen“ in Genf
Abhörskandal weitet sich aus. „NZZ“: Auch UN-Menschenrechtskommissarin Robinson wurde abgehört. Schröder nimmt Blair in Abhöraffäre in Schutz
GENF/LONDON dpa/afp ■ Der Abhörskandal um die Vereinten Nationen weitet sich aus. Auch die frühere UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, sei abgehört worden, berichtet die Schweizer Zeitung NZZ am Sonntag unter Berufung auf einen ehemaligen Agenten des britischen Auslandsgeheimdienstes MI 6. Der Ex-Agent Richard Tomlinson habe erklärt, Ziel der Lauschoperation in Genf sei es gewesen, Robinson „auszuspionieren“. Die Irin Robinson war von 1997 bis 2001 Menschenrechtskommissarin und hatte wegen ihrer kritischen Haltung in Menschenrechts- und Kriegsfragen besonders mit den USA Differenzen.
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass neben UN-Generalsekretär Kofi Annan auch die früheren UN-Chefwaffeninspektoren Richard Butler und Hans Blix von Geheimdiensten belauscht worden sein sollen.
Robinson zeigte sich von der Enthüllung nicht überrascht. „Mir war immer bewusst, dass die Möglichkeit bestand, ausspioniert zu werden, und ich habe mich entsprechend verhalten“, sagte sie der NZZ.
UN-Sprecherin Marie Heuze erklärte, am Genfer UN-Sitz habe man keine Beweise für die Vorfälle. Falls die Darstellung aber stimme, „wären wir sehr enttäuscht“. Auch die Schweizer Justiz interessiert sich für den Vorgang. Die Strafverfolgung von Spionage sei Bundesangelegenheit, so die Bundesanwaltschaft.
Unterdessen hat Bundeskanzler Gerhard Schröder den britischen Premier Tony Blair in der Affäre um das mutmaßliche Abhören von Kofi Annan durch den MI 6 in Schutz genommen. Er könne sich nicht vorstellen, dass sein „Freund“ Blair solche Abhörmaßnahmen angeordnet haben könnte, sagte Schröder in einem ABC-Interview.
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