: Verwählt in Brüssel
Versuch eines Anrufs aus Washington in Europa
Am vorigen Freitag hat Joe Biden zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, angerufen. Aber wie sagte einst der frühere Außenminister der USA, Henry Kissinger: „Wen rufe ich denn an, wenn ich Europa anrufen will?“ Wie erst jetzt bekannt wurde, wäre das wichtige Telefonat im ersten Anlauf beinahe nicht zustande gekommen.„Biden, Joe Biden. Good Morning.“
„Bonjour. Wer ist da?“
„Joe Biden, der Präsident der Vereinigten Staaten.“
„Oui? Mais oui, hier ist der Kaiser von China.“
„Wer? Wer sind Sie?“
„Was wollen Sie denn?“
„Spreche ich da nicht mit Europa?“
„Oui, aber sicher! Hier ist das Café Europa.“
„Coffee?“
„Oui, Monsieur Bouden. Hier ist das Café Europa in Brüssel, in der Rue Belliard 135.“
„Rue, was?“
„Belliard. Café Europa. Aber wir haben geschlossen. Pandemie, verstehen Sie?“
„Die Verbindung ist schlecht. Ich verstehe Sie nicht.“
„Pan-De-Mie! Lockdown! Alles zu!“
„Europa ist zu?“
„Oui, das Europa ist zu.“
„Kann ich dann nicht mit Ursula sprechen?“
„Urszula? Unsere Kellnerin mussten wir entlassen. Sie ist zurück nach Polen gegangen.“
„Polen?“
„Oui, Polen. Versuchen Sie es doch mal in Warschau.“
„Ursula ist jetzt in Warschau?“
„Oui, und wenn sie Urszula anrufen, dann bestellen Sie ihr bitte schöne Grüße, sie soll bald wiederkommen. Das Europa öffnet im Frühling wieder.“
„Im Frühling? Well, dann rufe ich wieder an. Good bye.“
„Au revoir. Und bleiben Sie gesund, Mister President.“
„God bless you, Europa.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen