: Vertrauensver-hältnis gestört -betr.: "ÖTV unterliegt ÖTV-Betriebsrat", taz vom 19.7.1996
Betr.: „ÖTV unterliegt ÖTV-Betriebsrat“ v. 19.7.
Nur ungern nehme ich zu einem internen gewerkschaftlichen Konflikt, der auch nicht durch einen verbalen Schlagabtausch in der Presse gelöst werden kann, Stellung, um die Beteiligten nicht zu beschädigen.
Aber nach dem Bericht „ÖTV unterliegt dem ÖTV-Betriebsrat“ vom 19. Juli 1996 müssen die Leser glauben, die ÖTV-Bezirksleitung Weser-Ems reagiere geradezu kleinkariert auf die Parteigründung des Kollegen Humer und auf die Adressenidentität seiner Partei mit dem Verdener Gewerkschaftshaus. Politisch darf man sicher ein kritisches Verhältnis – und dies wohl auch äußern – zu einer Parteineugründung haben, die in ihrer Satzung eine sehr auffällige Ähnlichkeit mit den ÖTV-Betreuungsstrukturen aufweist. Auch wenn es für diese Partei vielleicht ganz interessant wäre, aber die vorgenommene Versetzung hat damit nicht das geringste zu tun.
Ursache der Versetzung ist, daß in der Kreisverwaltung Verden das Vertrauensverhältnis zwischen dem hauptamtlichen Sekretär Jürgen Humer und einer deutlichen Mehrheit im Kreisvorstand, dem von den Mitgliedern gewählten politischen Führungsorgan einer Kreisverwaltung, nachhaltig gestört war. Gewerkschaften leben bei unterschiedlichen politischen und gewerkschaftlichen Auffassungen von dem Vertrauen der Mitglieder in ihre Funktionäre/innen und dabei ganz besonders in das der bezahlten Hauptamtlichen. Wenn hier großer Schaden in einer Kreisverwaltung droht und sich auch unter den übrigen Beschäftigten in der Kreisverwaltung große Unzufriedenheit angesichts dieser Situation breit macht, dann ist die Bezirksleitung insgesamt gefordert zu handeln. Die ÖTV Bezirksleitung Weser-Ems sah in der Versetzung des Kollegen Humer von Verden in die deutlich größere Kreisverwaltung Bremen einen Weg, ihm ohne unzumutbare soziale Belastung eine ordentliche Perspektive zu bieten und gleichzeitig in der Kreisverwaltung Verden wieder eine vertrauliche gewerkschaftliche Zusammenarbeit aller Funktionäre/innen zu ermöglichen. In beiderlei Hinsicht hat sich die Entscheidung gewerkschaftlich als vernünftig herausgestellt.
Das ist jedenfalls meine Einschätzung angesichts der nun vor gut einem halben Jahr getroffenen Versetzung
Jan Kahmann, ÖTV-Bezirksvorsitzender Weser-Ems
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen