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Verspätung für Asylkompromiß

Bonn (dpa) — Der zwischen der Bundesregierung und den Parteien erzielte Kompromiß beim Asylrecht, die Verfahren ohne eine Verfassungsänderung zu beschleunigen, kann noch nicht in die Tat umgesetzt werden. Wichtigster Punkt der Vereinbarung war, über „offensichtlich unbegründete“ Anträge schon innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden. Obwohl bei den Kanzlergesprächen kein definitiver Termin vereinbart worden war, war als Stichtag der 2. Januar angepeilt worden. In Bonn wird mittlerweile davon ausgegangen, daß der angestrebte Asylkompromiß nicht vor März in die Tat umgesetzt werden kann.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums vom Freitag sind dazu noch erhebliche Gesetzesänderungen notwendig. Betroffen davon sind das Innen- und Justizressort. Überdies sei die Verpflichtung der Bundesländer, Sammellager für Asylbewerber einzurichten, bisher nur von einer Minderheit erfüllt worden. Dieser Zusage sind nach den 'dpa‘ vorliegenden Informationen bisher nur Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg nachgekommen. Probleme bestehen offenbar dort, wo die Landesregierungen von einer rot-grünen Koalition getragen werden, wie beispielsweise in Niedersachsen, Hessen und Bremen. In der kommenden Woche, wahrscheinlich am 8. Januar, sollen nun die Parteien über ein Verfahrensgesetz beim Asylrecht reden.

Grundlage dieser Erörterungen ist ein „Arbeitsentwurf zur Novellierung des Asylverfahrensgesetzes“, den Innenminister Rudolf Seiters (CDU) den Bundestagsfraktionen Anfang Dezember zugeleitet hatte. Verfassungsjuristen sind der Meinung, daß etwa 80 Prozent der Gesetzesmaterie zu ändern sind. Angestrebt wird ein von allen Fraktionen eingebrachter Gesetzentwurf.

Schwierigkeiten gibt es auch im Personalbereich, nachdem sich die Länder verpflichtet hatten, 500 sogenannte „Entscheider“ für die Bearbeitung der Asylanträge zur Verfügung zu stellen. Bei diesen Personen handelt es sich um Beamte des gehobenen Dienstes, die jedoch keine Richter sind. Eingestellt wurden teilweise arbeitslose Juristen, deren Zahl jedoch nicht ausreicht.

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