Versorgungslage in der Kindermedizin: Schon wieder knappe Medikamente
In der Kindermedizin verschärfen sich wieder die Engpässe. Dabei ist die Infektionslage noch vergleichsweise moderat.
Mal wieder sind Kindermedikamente bedenklich knapp, hieß es am Dienstag vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ). Deren Präsident, Michael Hubmann befürchtet zudem eine Verschärfung der Versorgungslage durch eine noch bevorstehende, massivere Grippewelle und empfiehlt die Impfung auch nicht vorerkrankter Kinder gegen Influenza.
Nachdem im letzten Herbst/Winter bereits Kinderantibiotika und Fiebersaft knapp wurden, sind diesmal laut BVKJ vor allem Penicillin und Salbutamol betroffen. Bei beiden Medikamente gilt dies als kritisch: Penicillin, weil ein Ersatz durch Breitbandantibiotika Resistenzen erzeugen kann. Und Salbutamol, weil es für das Akutmedikament zur Erweiterung der Atemwege bei Asthma und schwerer Bronchitis keine adäquate Alternative gibt.
Das für die Erfassung von Lieferengpässen zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bewertet die Versorgung mit Antibiotika, darunter Penicillin, noch als „grundsätzlich stabil“. Für Salbutamol-haltige Medikamente hatte das Bundesgesundheitsministerium indes bereits im Dezember den Versorgungsengpass erklärt. Damit wird der Import von nicht für den deutschen Markt produzierten Medikamenten ermöglicht.
Noch sei die Situation „deutlich besser als im letzten Jahr“, so der Sprecher des BVKJ, Jakob Maske, zur taz. Das liege vor allem an der – vergleichsweise – noch moderaten Infektionslage. Man sehe zwar wintertypisch vermehrt Infekte, aber noch keine schlimme Welle. „Eine große Krankheitswelle darf nicht noch kommen, darauf ist das System nicht vorbereitet“, so Maske. In den Kinderkrankenhäusern beispielsweise gebe es in dieser Saison noch weniger belegbare Betten als im vergangenen Jahr.
Grippeimpfung für alle?
Tatsächlich scheint die Situation auch in den Krankenhäusern regional wieder deutlich angespannt. „Wir haben uns schon daran gewöhnt, regelmäßig Kinder von München nach Garmisch zu transportieren, weil es in München kein freies Bett mehr gibt“, berichtet BVKJ-Präsident Hubmann. Er rechnet noch mit einer massiven Grippewelle, „möglicherweise mit einem zweiten Höhepunkt Ende Februar“ und empfiehlt daher die Impfung auch für nicht vorerkrankte Kinder und Jugendliche. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind von der aktuellen Grippewelle besonders Schulkinder und junge Erwachsene betroffen.
Die Grippeimpfung wird von der Ständigen Impfkommission (Stiko) bislang nur für Personen ab 60 Jahren und Risikogruppen empfohlen. „Wir halten uns an die Empfehlung der Stiko, aber wir diskutieren, ob eine Ausweitung sinnvoll ist“, sagte Maske, selbst niedergelassener Kinderarzt in Berlin. Schwere Verläufe bei Kindern seien sehr selten, aber sie können Überträger zu gefährdeten Gruppen sein. Daher, so Maske, sei es im Grunde sinnvoller, alle gefährdeten Erwachsenen ließen sich tatsächlich impfen. Leider funktioniere das seit Jahren nicht. (mit afp, dpa)
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