: Verschmutzer zahlen Gift-Messung
■ Umweltbehörde stellte Meßprogramm Weser vor / „Kein Lebensraum für Fische und Vögel“
Schwermetalle, Salze und Säuren bedrohen nicht nur Flora und Fauna im Weserwasser, sonder fressen auch an Schiffsrümpfen, Kraftwerksanlagen und verengen die Wasserstraße für den Schiffahrtsverkehr. Vielleicht ist das ein Grund dafür, daß sich die größten Bremer Abwasser-Einleiter, die Stadtwerke, die Preußen-Elektra und Klöckner insgesamt zu 55 Prozent an den 5,8 Millionen Mark Kosten für das groß angelegte Meßprogramm-Weser beteiligt haben. Die Ergebnisse stellte Eva-Maria Lemke-Schulte gestern in der Universität der Öffentlichkeit vor. „Diese Finanzierung ist ungewöhnlich,“ so die Umweltsenatorin in ihrer Begrüßungsrede, „in der BRD ist Ähnliches bisher nicht aufgelegt worden. Dafür gilt Ihnen mein Dank!“
Nach sechsjähriger Forschungsarbeit gibt es zum erstem Mal umfassende physikalische, chemische und biologische Daten über die Schadstoffbelastung der Weser.
Sie bieten die Möglichkeit zur systematischen Überwachung und Analyse der Flußsituation auf jedem Kilometer des bremischen Flußabschnitts, freuen sich die Experten. Was allerdings noch fehlt, sind sogenannte Ursache-Wirkungs -Untersuchungen, die die Auswirkungen unterschiedlichster Einleitungen nicht nur am
Einleitungsort, sondern auch im Verlauf des Stromes und nach Vermischung mit dem Weserwasser dokumentieren und ihre Konsequenzen belegen. Denn die Gifte verändern unter Umständen im Zusammenwirken ihre Bestandteile und Wirkungsarten.
Der Weserausbau hat viele ökologisch wertvolle Flächen vernichtet. Lemke: „Seit 1887 sind 23,3 Quadratkilometer Wasserfläche - immerhin 6 Prozent der Fläche des Landes Bremen - und 100 Kilometer Ufer der Unterweser abhandengekommen.“ Die Entsorgung des belasteten Baggerschlamms ist ein Umweltproblem.
Kleinstlebewesen sind hoch belastet mit Cadmium und polychlorierten Biphenylen. Plankton-Arten sind durch Salze verschwunden. Die Situation für Fische und Vögel ist kritisch.
Die Gutachter empfehlen, alle Kläranlagen im Einzugsbereich der Unterweser, insbesondere die Kläranlage Seehausen, „unverzüglich nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu erweitern“.
Die direkte und indirekte Einleitung von toxischen Stoffen sei nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu vermeiden.
Eva-Maria Lemke-Schulte setzt Hoffnungen in ihre eigene Behörde, in das 1989 vorgelegte Aktionsprogramm der Arbeitsge
meinschaft der Länder zur Reinhaltung der Weser und vor allem in die deutsch-deutschen Verhandlungen zur Reduzierung der
Salzbelastung in der Werra. Der erste deutsch-deutsche Maßnahmen-Katalog wird im August vorliegen. bea
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