: Verquollene Quallen
Schwer lyrisch raunt der Dichterinnen Bote
Summ, summ, summ, Bienchen summ herum. Eine russische und eine amerikanische Dichterin, Maria Stepanova und Ellen Hinsey, treffen sich am 21. Januar in Berlin für eine Lesung und ein Gespräch. Schon jetzt wird die Veranstaltung beworben: „Verletzende Begriffe vergiften den öffentlichen Diskurs, eine Deformation der Sprache zeichnet sich ab.“ O ja, hier zeichnet sich tatsächlich eine Deformation der Sprache ab, denn weiter heißt es: „Angesichts dieser Entwicklungen teilen Ellen Hinsey und Maria Stepanova die Überzeugung, dass Lyrik strukturell Quellen des Widerstandes in sich trägt.“ Wie macht diese Lyrik das bloß? Strukturell Quellen in sich tragen? Sollte es gar „Quallen“ heißen? Verquollen jedenfalls geht es weiter, denn die beiden Damen sprechen über „ihre Fähigkeit, die Bedeutungskraft der Sprache wiederherzustellen“. Die Bedeutungskraft gibt es offenbar gerade nicht und kann nur von fähigen, weil bedeutungsschwangeren Dichterinnen restauriert werden. Ist die Sprache doch derzeit eine Ruine. Jedenfalls in dieser schwer raunenden Werbung. Genau das ist der Grund, warum Lyrik oft lächerlich wirkt. Was für ein gehobenes Gesummse!
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